Wolf Werner

Erst Co-Trainer und dann Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach, anschließend Talentscout und Nachwuchstrainer beim FC Bayern München, später Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von Werder Bremen und zum Abschluss Manager von Fortuna Düsseldorf. Wolf Werner stellt seine Traumelf aus seinen früheren Schützlingen vor und erinnert sich an einen frechen Stefan Effenberg, F95-Legende »Lumpi« Lambertz und Sonnyboy Hans-Jörg Criens. Außerdem führt er aus, wo im heutigen Fußballgeschäft die größten Probleme liegen.

Die Traumelf von Wolf Werner

Aufstellung

Wolf Werner über …

Harald „Toni“ Schumacher // Torwart // Bayern München

Nach meiner Entlassung als Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach hat mich Jupp Heynckes 1987 nach München geholt, wo ich Trainer der Amateurmannschaft wurde. Zu Beginn der Saison 1991/92 blieb der FC Bayern sportlich hinter den Erwartungen zurück, so dass es im Herbst zur Trennung von Heynckes kam. Nachfolger Sören Lerby bekam Hermann Gerland als Co-Trainer zur Seite gestellt. Mir fiel die Aufgabe zu, die Torhüter zu trainieren. Zum damaligen Zeitpunkt gab es kaum spezielle Torwarttrainer, doch ich hatte schon in Gladbach Erfahrung im Torwarttraining gesammelt sowie zwei Lehrgänge eines holländischen Torwarttrainers besucht.

So lernte ich Toni Schumacher kennen. Er war eine Persönlichkeit auf und neben dem Platz. Ihn zu trainieren war für mich eine Ehre, aber auch eine Herausforderung. Aufgrund seiner in der Vergangenheit erlittenen Knieverletzungen waren Extrembelastungen oder sonstige schwierige Dinge im Training tabu. Vielmehr ging es darum, seine gute Fitness zu erhalten. Die Zusammenarbeit mit ihm hat sehr viel Spaß gemacht und wir haben uns gut ergänzt. Reizbar wurde er, wenn ich beim Torschuss mehrmals erfolgreich war, dann schnauzte er schon mal: „Du sollst mich trainieren und nicht Tore schießen üben!“

Trotz seiner Handicaps durch die Verletzungen zeigte er bei den Bundesligaspielen herausragende Leistungen. Dabei ging er rigoros und mit großer Entschlossenheit zu Werke. Indem er weder auf sich noch auf seine Gegner Rücksicht nahm, verschaffte er sich auf dem Platz den nötigen Respekt. Die Angreifer mieden es tunlichst, ihm bei Flanken im Wege zu stehen. Von seiner Art, den Fußball zu Leben, habe ich viel mitgenommen.

André Winkhold // Rechter Außenverteidiger // Borussia Mönchengladbach

In den 1980er Jahren waren wir Trainer die Scouts. Das Beobachten der Spieler wurde von uns selbst organisiert und durchgeführt. Jupp Heynckes und ich sind damals in Gladbach mit unseren Dienstwagen jedes Jahr zusammen rund 100.000 km gefahren, um uns jeden Sonntag Spieler anzuschauen. Unser Netzwerk waren Freunde, Bekannte, ehemalige Spieler des Vereins und nicht zuletzt Tipps von Fans. Es gab nur wenige Berater, dafür aber ganz viele nicht entdeckte Talente im Amateur- und Jugendbereich. Die Borussia hat früher sehr häufig Nachwuchsspieler verpflichtet, die wir dann ausgebildet und zu Bundesligaspielern entwickelt haben.

Einer dieser Spieler war Andre Winkhold. Er kam 1985 aus Aachen zu uns. Er war ein ruhiger und zurückhaltender Typ, der sich mit großen Willen und Lernfähigkeit zum absoluten Stammspieler hoch arbeitete. Damals schon ein Außenverteidiger der modernen Prägung, überbrückte er an der Außenlinie schnell und gradlinig das Mittelfeld. Technisch war er nicht ganz so stark, doch mit seiner Schnelligkeit riss er oft Lücken in die gegnerische Abwehr und schlug erstklassige Flanken.

Jens Langeneke // Innenverteidiger // Fortuna Düsseldorf

Jens war kein Lautsprecher, sondern ein Leistungsträger und echter Führungsspieler. Er kannte seine Fähigkeiten genau und hat diese optimal eingesetzt. Zwar hatte er Defizite in der Schnelligkeit, doch mit seinem herausragendem Stellungsspiel hat er das bestens kompensieren können. Seine Ruhe als zentraler Spieler in der Viererkette und seine Organisation der Abwehr haben der Mannschaft stets geholfen. Während meiner Zeit als Manager und zwischendurch als Interimstrainer war er für mich jahrelang ein wichtiger Ansprechpartner in der Mannschaft. Wenn er in der ersten Liga öfter zum Zug gekommen wäre, hätten wir den Abstieg vielleicht verhindern können.

Kai Erik Herlovsen // Innenverteidiger // Borussia Mönchengladbach

Kai war in Gladbach der norwegische Fels in unserer Abwehr. Er war kein Überflieger, aber stets zuverlässig und mannschaftsdienlich. Bissig und robust, bestach er durch seine Kopfball- und Zweikampfstärke. Er war kein unfairer Spieler, aber spielte hart gegen sich und seine Gegner. Wer an ihm vorbei wollte, musste schon einiges an Mut mitbringen. Zwischenmenschlich war Kai ein angesehener und hoch geschätzter Mitspieler, den jeder gerne in der Mannschaft hatte, da der Erfolg des Teams für ihn an erster Stelle stand.Trotz seiner Robustheit ist er ein einfühlsamer Typ und ein Familienmensch. Seine Tochter ist übrigens die norwegische Nationalspielerin Isabell Herlovsen.

Markus Münch // Linker Außenverteidiger // Bayern München II

Als Trainer der Amateurmannschaft des FC Bayern lernte ich Markus kennen. Ein frecher Hund, für einen Trainer nicht immer ganz einfach. Er hätte damals noch A-Jugend spielen dürfen, aber er wollte unbedingt schon bei den Amateuren spielen und sich mit den Erwachsenen messen. Andere Spieler waren schneller und haben sicher mehr Trainingsfleiß an den Tag gelegt, aber Markus war hochtalentiert und extrem ehrgeizig. Ob Training oder Pflichtspiel, er wollte jedes Spiel gewinnen! Zwar hat er den großen Durchbruch bei Bayern nicht geschafft, doch nach einigen Rückschlägen hat er noch eine erfolgreiche Karriere als Profifußballer hingelegt und ca. 300 Erstligaspiele absolviert.

Andreas „Lumpi“ Lambertz // Defensives Mittelfeld // Fortuna Düsseldorf

»Lumpi« war der Wahnsinn! Er trug das Fortuna-Emblem in seinem Herzen. Ich kenne nur wenige Spieler, die sich in dieser Art und Weise mit dem Verein identifiziert haben – und die Fans mit ihm. Als Düsseldorf in der 4. Liga war, gab es eine Benefizveranstaltung mit den „Toten Hosen“, um mit den Einnahmen zur Finanzierung von Lumpi beizutragen. Auch heute noch gilt er als Sinnbild für die Art des Fußballs, den die Fortuna-Fans sehen wollen, denn er hatte alle Eigenschaften, um die Fans zu elektrisieren. Sein Kampfgeist, seine Laufbereitschaft, sein Wille und seine Tore rissen die Stadionbesucher mit. Du kannst auch mal verlieren, solange du alles gibst. Bezeichnend: Nach einer 1:5-Klatsche in Ahlen sangen die Fans: „Außer Lumpi könnt ihr alle gehen!“

Lumpi verkörperte den Aufstieg der Fortuna, hat von der 4. Liga bis in die 1. Bundesliga alles miterlebt und den Verein in dieser Zeit entscheidend mitgeprägt. Bei jedem Aufstieg prophezeiten die sogenannten Experten, dass er in der neuen Saison kaum mehr spielen wird. Es kam immer anderes, selbst in der Bundesliga konnten wir nicht auf ihn verzichten. Eines seiner Erfolgsgeheimnisse: Wenn er Schwächen bei sich feststellte, hat er im Training umso intensiver daran gearbeitet.

Die neue Führung der Fortuna hatte seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängert und ihm ein undankbares Ende seiner sportlichen Laufbahn in Düsseldorf beschert. Im zwischenmenschlichen Bereich ist das für mich eine meiner größten Enttäuschungen, wie „Führungskräfte“ erbrachte Leistungen, Verdienste und Status eines Spielers ignorieren, abtun oder einfach vergessen. Ich habe mich sehr für Lumpi gefreut, dass er nach seinem Wechsel zu Dynamo Dresden in die 2. Bundesliga ähnlich gute Leistung erbracht und auch dort schnell die Zuneigung der Fans gewonnen hat.

Stefan Effenberg // Rechtes Zentrales Mittelfeld // Borussia Mönchengladbach

Als Co-Trainer unter Jupp Henyckes hatte ich »Effe« bei einem A-Jugendturnier in Duisburg beobachtet und daraufhin zu einem einwöchigen Probetraining nach Gladbach eingeladen. In den ersten beiden Trainingseinheiten gliederte er sich unauffällig in sein jeweiliges Team ein und beobachtete scheinbar genau sein Umfeld. Nach der 3. Trainingseinheit kam ein völlig verwandelter Effe zum Training. In den Trainingsspielen suchte er sich bewusst unsere Platzhirsche als Gegner aus und fegte in den Zweikämpfen rigoros aber fair dazwischen, zeigte sich immer wieder anspielbereit, verteilte die Bälle und suchte den Abschluss. Wir Trainer waren begeistert. Jupp Heynckes sagte zu mir: „Den lassen wir ohne Vertrag nicht mehr nach Hause, ruf bitte die Eltern an!“

Zur Saison 1987/88 ging Jupp nach München und ich wurde in Gladbach neuer Cheftrainer. In dieser Saison kam Stefan in den Profi-Kader. Er zeigte von Beginn an, dass er Stammspieler werden wollte. Und aufgrund seiner Trainings- und Spielleistungen in der Vorbereitung führte auch kein Weg an ihm vorbei. Sein Stil ähnelte der Spielweise von Lothar Matthäus – hinten aggressiv und bissig in den Zweikämpfen, vorne ein Gestalter und torgefährlich. Jedoch mussten wir an seinem Verhalten neben dem Platz arbeiten.

Mit den Geschichten über Effe könnte ich ein ganzes Buch füllen. Für mich als unerfahrenen Cheftrainer in der Bundesliga war er eine echte Herausforderung. Heute sehe ich es allerdings etwas anders. Alle „Abenteuer“, die ich in dieser Zeit mit ihm erlebt habe, wurden nach den damaligen Maßstäben viel zu hoch gehängt, leider auch von uns Betroffenen. Doch seine Aktionen hatten bei allem Störenden nie etwas Bösartiges oder Verletzendes.

Tim Borowski // Linkes Zentrales Mittelfeld // Werder Bremen II

Während meiner elfjährigen Tätigkeit als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von Werder Bremen musste ich in den Jugendmannschaften einige Male als Trainer einspringen, so dass ich die jungen Spieler nicht nur neben dem Platz, sondern auch im Training und im Spiel kennenlernen und beobachten konnte. Tim fiel schon durch seine Größe und seine Ballbehandlung auf. Ein ruhiger und gut erzogener, aber zurückhaltender junger Mann, der damals weder im privaten, schulischen noch sportlichen Bereich herausragenden Ehrgeiz zeigte. Ruhig wie er war, ließ er alles auf sich zukommen.

Im Gespräch erzählte ich Tim, dass Thomas Schaaf in der ersten Mannschaft dringend nach einem hochgewachsenen zentralen Abwehrspieler suchen würde. Seine coole Antwort: „Ich bin doch kein Innenverteidiger!“ Beim FC Bayern München wurde Christian Ziege über die Amateurmannschaft vom offensiven Mittelfeldspieler zum Libero und bei den Profis zum internationalen Linksverteidiger umgeschult. Doch dieses von mir genannte Beispiel reizte Tim nicht. Er wartete geduldig auf seine Chance bei Werder Bremen als Mittelfeldspieler und schlug dort letztendlich voll ein.

Christian Hochstätter // Offensives Mittelfeld // Borussia Mönchengladbach

»Howie« war ein Spielertyp, den jeder Trainer liebend gerne in seiner Mannschaft hat – spielstark, technisch beschlagen, offensiv gefährlich, mit einer guten Übersicht und verantwortungsvoll in der Defensive. Er kam als großes Talent vom FC Augsburg, das ehrgeizig das Ziel verfolgte, die Profilaufbahn einzuschlagen. Da er in Christian Kulik einen erfahrenen und torgefährlichen Spieler vor sich hatte, hat es eine Weile gedauert, bis er sich bei uns durchgesetzt hat. Doch hat er sich im Training voll reingehauen und in den Bereichen Zweikampf und Laufbereitschaft so stark verbessert, dass er schließlich zum wichtigen Stammspieler bei der Borussia und später sogar Nationalspieler wurde.

Merkwürdigerweise hat Christian sich mehrmals gegen niederländische Mannschaften verletzt. Das lag wohl auch daran, dass die Spiele gegen unsere Nachbarn aufgrund der grenznahen Rivalität besonders kampfbetont waren. Aus Sorge vor weiteren Verletzungen habe ich ihn in diesen Partien später lieber geschont.

Hans-Jörg Criens // Hängende Spitze // Borussia Mönchengladbach

Jörg war ein begnadetes Talent, das wir in einer unteren Spielklasse beim VfR Neuss entdeckten. Er hat fast alles mitgebracht, vor allem Schnelligkeit, Technik und Kopfballstärke sowie einen sehr starken linken Fuß. Gut drauf, wie beim 5:4 im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Werder 1984, hat er ein Spiel fast alleine entscheiden können. Von seinen Anlagen her war er ein weit überdurchschnittlich begabter Bundesligaspieler, der eigentlich Nationalspieler hätte werden müssen. Doch er war auch ein Sonnyboy, dem der letzte Wille und der Ehrgeiz fehlt, noch erfolgreicher zu sein. Als Trainer war es harte Arbeit, sein volles Potential aus ihm herauszukitzeln. Doch so sympathisch und freundlich wie er war, konnte man selten lange sauer auf ihn sein.

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Video: Hans-Jörg Criens erzielt im DFB-Pokal den entscheidenden Treffer zum 5:4.

Nelson Valdez // Mittelstürmer // Werder Bremen II

Der ehemalige Werder-Präsident Jürgen L. Born hatte Nelson kurz vor dessen 18. Geburtstag über seine Kontakte aus Paraguay nach Bremen geholt. Zunächst bekam er keine Spielberechtigung für die A-Jugend. Bei den Amateuren durfte er aber spielen. Dort ist er voll eingeschlagen, so dass die A-Jugend für ihn kein Thema mehr war. Nelson hatte eine unglaublich positive Art. Auf dem Platz war er ein Spieler, wie Trainer ihn lieben. Als Stürmer war es für ihn selbstverständlich, auch Defensivarbeit zu verrichten. Darüber hinaus war er enorm kopfballstark, schnell und wendig. Es war für ihn nur ein kurzes Gastspiel im Nachwuchsleistungszentrum, da er es schnell in den Kader der Lizenzspieler schaffte.

Ein Beispiel seiner Mentalität: Als Jungprofi in der ersten Mannschaft hatte er früher Saisonende und seinen Urlaub bereits geplant. Werder II und Borussia Dortmund II mussten jedoch im letzten entscheidenden Spiel gegeneinander im großen Dortmunder Westfalenstadion antreten. Wer verlor, stieg ab! Amateur-Trainer Thomas Wolter und ich besprachen uns mit Thomas Schaaf, der uns freie Hand gab, so dass wir uns Nelson schnappten. Nach kurzem Gespräch mit ihm über die Wichtigkeit für den Verein, die zweite Mannschaft in der 3. Liga zu erhalten, stornierte Nelson seinen Flug in die Heimat. Werder II gewann 4:2 in Dortmund und Nelson war mit drei Toren der Matchwinner und überragende Spieler.

Karriere-Insights von Wolf Werner

Meine Stationen im Fußballgeschäft

Es wundert nicht, dass so viele Profis nach ihrem Karriereende weiter im Fußballgeschäft arbeiten möchten. Wenn man einmal etwas länger darin verwurzelt ist, zieht der Fußball einen immer wieder in den Bann. Im Grunde möchte ich keine Station missen.

Die erste Station beim VfL Borussia Mönchengladbach war allein von der Psyche her phänomenal. Unter und mit Jupp Heynckes zusammen zu arbeiten und danach bei einem so geschichtsträchtigen Verein Cheftrainer gewesen zu sein, wird für mich unvergessen bleiben. Jupp gab mir alle Hilfen und erleichterte mir als „Nichtprofi“ den Einstieg in das Bundesligaleben – die Anerkennung der Profis musste ich mir dann selbst verdienen.


Bild: Jupp Heynckes und Wolf Werner verband eine jahrenzehntelange Freundschaft.

Bayern München war damals der erste Verein, der mit Hermann Gerland und mir zwei ehemalige Bundesligatrainer für seine Nachwuchsausbildung verpflichtete. Zwar hatte der Verein zu der Zeit nicht die absolute Ausnahmestellung wie heute, doch er war den meisten Bundesligisten bereits weit voraus. Das galt auch für die Jugendarbeit, mit einem eigenen Internat an der Säbener Straße und Trainingsplätzen für die Nachwuchskicker direkt neben der Lizenzmannschaft. Leider trennte sich Bayern 1991 von Jupp Heynckes. Als „Heynckes-Zögling“ hatte ich plötzlich einen schwierigen Stand beim damaligen Präsidenten. Obwohl ich sowohl bei Sören Lerby als auch bei Erich Ribbeck als Trainer zur Lizenz-Mannschaft hinzugezogen worden bin, war das Klima nicht mehr dasselbe. So bat ich Ende der Saison beim FC Bayern um die vorzeitige Auflösung meines Vertrages.

Vom SV Wilhelmshaven bekam ich 1992 ein interessantes Angebot, dort als Trainer tätig zu sein. Frisch in die Verbandsliga aufgestiegen, wollten die Verantwortlichen den Fußball in Wilhelmshaven höher platzieren. Innerhalb von zwei Jahren stiegen wir in die zweigeteilte 3. Liga auf und haben uns dort etablieren können. Parallel zu dem Trainerjob habe ich in der Zeit wieder im meinem regulären Beruf als Lehrer gearbeitet.

In meinem letzten Jahr beim SV Wilhelmshaven kam Vorstandsmitglied Klaus-Dieter Fischer von Werder Bremen auf mich zu. Er wollte dort den Amateur- und Jugendfußball mit einem Fußballlehrer und einer Sozialpädagogin neu organisieren. So gingen meine Ehefrau Ingrid, eine graduierte Sozialpädagogin, als Leiterin und Wirtschafterin des Internats und ich als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums 1996 nach Bremen, wo wir elf ereignis- und erfolgreiche Jahre geblieben sind. Das Nachwuchsleistungszentrum aufzubauen, zu gestalten und sowohl sportlich als auch administrativ zu leiten war eine tolle und spannende Aufgabe. Unvergessen ist für mich die Eingliederung von Razundara Tjikuzu, der mit 16 Jahren aus Namibia zu uns kam, sehr schnell Deutsch lernte, die Schule erfolgreich beendete und sich sportlich über die Jugend- und Amateurmannschaft zum absoluten Stammspieler in der Bundesligamannschaft entwickelte.

In dem Alter, in dem andere in Rente gehen, kam für mich noch meine beruflich schönste und erfolgreichste Zeit. Drittligist Fortuna Düsseldorf hatte Interesse an mir als Manager bekundet. Die Aufgabe war sehr schwierig, aber reizvoll. Mein Vertrag in Bremen endete eigentlich Mitte 2007, doch weil Fortuna plötzlich in Abstiegsgefahr schwebte, bin ich bereits im April nach Düsseldorf, um mitzuhelfen, den Abstieg zu vermeiden. Schnell fand ich heraus, dass mehrere Spieler als Leistungsträger gefördert, aber auch gefordert werden mussten um am Saisonende die letzten Punkte zum Klassenverbleib zu ergattern. Ich erinnere mich an ein denkwürdiges Spiel zu Hause gegen HSV II. Wir lagen mit 0:2 hinten, doch mit einem tollen Endspurt und einem wunderbaren Tor durch Lumpi gelang uns ein enorm wichtiger 3:2-Sieg. Wir waren gerettet! Von da an ging es trotz schwierigster finanzieller Bedingungen für uns bis in die 1. Bundesliga nach oben. Die denkwürdige Relegation gegen Hertha wird niemand so schnell vergessen.

Trotz einer tollen Vorrunde mit 21 Punkten mussten wir leider nur ein Jahr später aufgrund einer desolaten Rückrunde wieder absteigen. Wenn der sportliche Abstieg aus der 1. Liga für mich auch heute als völlig überflüssig erscheint, so war die Zeit bei Fortuna einfach überwältigend – und das nicht nur sportlich. Auch im administrativen und finanziellen Bereich ist der Verein in meiner Zeit als Manager in eine andere Liga aufgestiegen. Die Gründe: Eine herausragende Vorstandsarbeit, die trotz mancher unterschiedlicher Vorstellung, fast immer in Entscheidungen zum Wohle von Fortuna führten, das schönste Stadion der Bundesliga, aber auch die Fans, die aufgrund ihrer langen Leidenszeit ihrer Freude kaum bändigen konnten – manchmal wohl zu überschwänglich. Ich kann nur allen danken, die mitgeholfen haben, diese Fortuna wieder zu beleben, und vor allem denen, die mir die Chance zu diesem Abschluss meiner beruflichen Tätigkeit gegeben haben.

Die negativen Auswirkungen des Geldes

Im Fußball geht es immer mehr ums Geld. Gleichzeitig werden Anstand und Moral in den Hintergrund gedrängt. Das liegt auch daran, dass immer mehr Leute in den Profifußball streben, denen es in erster Linie um Macht und um ihr Ego geht. Wie auch im richtigen Leben kann man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen. Die Ablösesummen steigen von Jahr zu Jahr. Die gut gestellten Vereine können durch das „Bosman-Urteil“ ihre finanzielle Überlegenheit gegenüber den Underdogs ausspielen. Die scheinbar eingesparten Ablösesummen gehen nun jedoch als Gehalt an die Spieler und fließen in die Taschen der flutartig gestiegenen Anzahl an Beratern und Agenten. Transfers werden von ihnen forciert, denn jeder Spielerwechsel ist für sie eine neue Möglichkeit, Geld zu verdienen.

Bei Fortuna Düsseldorf habe ich selbst erlebt, dass ein Spieler bereits nach einem halben Jahr überdurchschnittlicher Leistungen permanent von seinen Beratern und einem Manager zum Wechsel kontaktiert und animiert wurde, obwohl Spieler offiziell erst ein halbes Jahr vor Vertragsablauf von anderen Vereinen angesprochen werden dürfen. Nach unserem Wechselverbot kam es bei dem Spieler zu einem starken Leistungsabfall in der Rückrunde. Mit einer durchschnittlichen Leistung in der folgenden Zweitligasaison wechselte er dann trotzdem in die Bundesliga. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Meine Prognose: Wir haben noch ca. fünf bis acht gute Jahre vor uns, bis uns die Talente ausgehen und die Fans sich aufgrund des überzogenen Finanzgebaren vom Fußball abwenden und sich ein anderes Spielfeld suchen, wo die Unterschiede zu ihrem realen Leben nicht so unanständig groß sind.

Mangelnde Chancengleichheit im deutschen Fußball

Otto Rehagels lange gültiger Spruch „Geld schießt keine Tore“ hat längst ausgedient. Sportliche Qualität kostet Geld. Zurzeit ist es doch meist so: Der FC Bayern thront über allem und kommt als einziger Klub international regelmäßig weit, alle anderen Vereine scheiden mehr oder weniger früh aus. Über kurz oder lang werden für Deutschland im UEFA-Ranking internationale Plätze wegfallen, was wiederum zu erheblichen finanziellen Einbußen führen wird. Vielleicht sind ja alle zufrieden damit, dass die Flaggschiffe – der FC Bayern München und die Deutsche Nationalmannschaft – weiterhin erfolgreich sind. Aber für den deutschen Fußball kann das auf Dauer nicht gut sein.

In der 1. und 2. Bundesliga sind die Aufsteiger von Beginn an enorm benachteiligt. Während die Bundesligaabsteiger ca. 20 Millionen Euro Startgeld erhalten, werden die Aufsteiger der 2. Bundesliga nach dem Fünf-Jahresplan abgespeist und bekommen nur einen Bruchteil davon. So wird der elitäre Kreis der Bundesliga klein gehalten und ein Abstieg aus der 1. Liga nur zum „Betriebsunfall“. Mein Lösungsvorschlag: Eine Millionenprämie für die Aufsteiger.

Die 3. Liga muss eindeutig als die Premiumliga des DFB definiert werden! Doch die Klubs in der 3. und 4. Liga leiden unter hohen Auflagen in den Punkten Stadion und Sicherheit sowie unter den steigenden Kosten bei Transfers und Gehältern. Hat ein Drittligist keinen Gönner oder reichen Sponsor, droht mit dem kargen Fernsehgeld auf kurz oder lang eine Insolvenz. Hier fehlt es im deutschen Profi-Fußball leider an Solidarität. Ich bin sicher, dass mehr Solidarität auch helfen würde, die drei Bundesligen insgesamt wieder besser aufzustellen. Doch es ist bei dem derzeitigen weit verbreitetem Egoismus unwahrscheinlich, dass es zu einem Umdenken kommt.

Die Trainerstationen von Wolf Werner

Jahre Verein
1979-1987 Borussia Mönchengladbach (Co-Trainer)
1987-1989 Borussia Mönchengladbach
1990-1992 Bayern München II
1992-1996 SC Wilhemshaven
2002 Werder Bremen II (Interimstrainer)
2007 Fortuna Düsseldorf (Interimstrainer)

Nachtrag
Leider ist Wolf Werner nur wenige Wochen nach dem Interview für „Meine Traumelf“ verstorben. Wir haben ihn als meinungsstarken, ehrlichen und herzlichen Gesprächspartner kennengelernt. Menschen von seiner Sorte gibt es im Profi-Fußball und in der Gesellschaft leider viel zu wenige. Wir werden ihn vermissen.

Vereine: Bayern München, Borussia Mönchengladbach, Fortuna Düsseldorf, Werder Bremen
Kategorie: Trainer
Bildcredits: imago / MIS
Autor: Lukas große Klönne

Die Traumelf weiterer Fußball-Legenden