Markus Kreuz war Ende der 1990er Jahre Teil der legendären Hannoveraner Mannschaft, die mit hochtalentierten Nachwuchsspielern wie Fabian Ernst, Otto Addo und Gerald Asamoah fast den Durchmarsch von der Regionalliga in die 1. Bundesliga geschafft hätte. Hier stellt er seine Traumelf aus früheren Teamkollegen in Hannover, Köln und Frankfurt vor und erinnert sich dabei an klare Ansagen von Dieter Hecking, lustige Geschenke von Kölner Fanclubs und nervige Ernährungstipps von Ewald Lienen.
Die Traumelf von Markus Kreuz
Markus Kreuz über …
Patric Klandt // Torwart // 1. FSV Frankfurt
In der Saison 2007/08 sind wir in der Regionalliga Süd ganz schlecht gestartet, am Ende durch eine ganz starke Rückrunde aber noch als Tabellenführer in die 2. Liga aufgestiegen. Ein wesentlicher Grund dafür war Patric, der in der Winterpause von Hansa Rostock zu uns kam, wo er nur Ersatztorwart war. Schon im ersten Trainingslager haben wir gemerkt, was der Verein mit ihm für eine Granate an Land gezogen hat. Er wurde auf Anhieb Stammtorhüter bei uns.
Patric war nicht der Größte, aber er war flink, hatte eine enorme Sprungkraft und sensationelle Reflexe. Im Training war es irgendwann so weit, dass kaum einer gegen ihn Torschüsse machen wollte, weil man als Angreifer gegen ihn im Prinzip nur schlecht aussehen konnte. Auch als Typ passt er mit seiner ruhigen Art super in unsere Mannschaft. Er blieb beim FSV acht Jahre Stammtorwart und ging danach noch als Ersatzmann nach Freiburg und zum 1. FC Nürnberg.
Steven Cherundolo // Rechter Verteidiger // Hannover 96
Steven kam als 18-Jähriger aus den USA zu Hannover in die 2. Liga. In seiner Anfangszeit konnte er noch kein Wort Deutsch und hat in der Kabine verschüchtert und wie ein Häufchen Elend in der Ecke gesessen. Dass er mal Kapitän werden und über 400 Spiele für Hannover machen würde, war damals nicht abzusehen.
Wir haben Steven sehr schnell integriert bekommen, indem unter anderem Leute wie Altin Lala, Heinz Müller und ich uns seiner angenommen haben. So schnell und fleißig, wie er Deutsch gelernt hat, so gut hat er sich auch sportlich entwickelt. Unter Trainer Horst Ehrmantraut hat er sich zu einem absoluten Leistungsträger gemausert. Auf der rechten Seite konnte er alles spielen, wobei er für die Position des Rechtsverteidigers wie für ihn geschaffen war. Hier konnte er der Mannschaft mit seiner klaren Spielweise, seiner feinen Technik und seinen erstklassigen Spielaufbau am meisten helfen.
Rigobert Song // Innenverteidiger // 1. FC Köln
Rigobert Song ist Rekordnationalspieler von Kamerun und in Afrika eine Fußball-Legende. Er kam Ende 2001 in der Winterpause aus West Ham zum 1. FC Köln. Dass wir Ende der Saison abgestiegen sind, lag nicht an ihm. Rigobert war ein richtiger Leader mit einem unfassbaren Erscheinungsbild. Wenn er einen Raum betrat, konnte man sich seiner Aura kaum entziehen.
Auf dem Platz habe ich in meiner Karriere niemanden erlebt, der so zweikampfstark war wie er. Für einen Manndecker war er mit 1,83 Meter nicht sonderlich groß, aber er hat trotzdem Kopfbälle gegen Riesen wie Jan Koller gewonnen!
Technisch hatte Rigobert allerdings Defizite, beim Torschusstraining hat er sich sogar komplett ausgeklinkt, weil das so gar nicht sein Metier war. Deswegen kam er in großen Mannschaften wie Liverpool nicht so gut zurecht, weil er dort viel im Spielaufbau gefordert war. Bei uns in Köln konnte er seine Stärken in der Defensive aber voll einbringen.
Fabian Ernst // Innenverteidiger // Hannover 96
Bei Fabian war schon in der Jugend von Hannover 96 abzusehen, dass er es im Profi-Fußball packen kam. Schon mit 17 kam er in Profi-Kader und hat mit 18 Jahren den souveränen Libero gegeben. Ich hätte gerne noch länger mit ihm zusammengespielt, aber bei seinem Talent war es wie bei Otto Addo und Gerald Asamoah nur eine Frage der Zeit, bis ein großer Bundesliga-Klub bei ihm anklopft. So ist Fabian schließlich zum HSV gegangen und Sebastian Kehl trat in Hannover in seine Fußstapfen.
Alexander Voigt // Linker Verteidiger // 1. FC Köln
Mit Alex habe ich in Köln zusammen auf der linken Seite gespielt – er in der Abwehr und ich in der Offensive. Auf dem Platz war er knüppelhart und enorm zweikampfstark. Nach vorne ging bei ihm zwar nicht so viel, aber dafür er hat mir zuverlässig den Rücken freigehalten.
Wir haben uns nicht nur auf dem Platz gut verstanden, sondern auch privat viel unternommen. Als Ur-Kölner hat er mir die Stadt gezeigt und so oft gemeinsam unterwegs, dass wir von einem FC-Fanclub mal ein Ernie-und-Bert-Partner-T-Shirt geschenkt bekommen haben. (lacht)
Altin Lala // Defensives Mittelfeld // Hannover 96
Altin kam 1998 aus Fulda nach Hannover und war sofort ein Leistungsträger. Zu seiner Anfangszeit hatte er noch keine Wohnung und hat daher eine Weile bei mir gewohnt. Seine damalige Freundin und jetzige Frau hat noch in Fulda gewohnt, sodass er nachts stundenlang über mein Festnetztelefon mit ihr telefoniert hat, denn Gespräche über das Handy waren damals noch sehr teuer.
Mit seinen 1,72 Meter und rund 60 Kilo, war Altin auf dem Platz ein schmales Hemd, aber unfassbar giftig und bissig im Zweikampf. Wenn man dachte, dass man ihn ausgespielt hat, hing er einem im nächsten Moment schon wieder wie eine Klette an den Hacken. Er war der Prototyp eines Mannschaftsspielers und hatte nie das Bedürfnis, im Mittelpunkt zu stehen. Auch deswegen war er in der Mannschaft hoch angesehen. Weitere Stärken waren seine Schnelligkeit und seine Technik. Nur Schießen und Kopfbälle waren nicht seins, daher hat er in 14 Jahren und knapp 300 Spielen in Hannover nur zehn Tore geschossen.
Dieter Hecking // Rechtes Mittelfeld // Hannover 96
Während meine Karriere erst begonnen hatte, neigte sich die von Dieter dem Ende entgegen. Gemeinsam mit Jörg Sievers und Carsten Linke bildete er das Gegenstück zu uns jungen Wilden, hat den ganzen Haufen zusammengehalten und war für den Trainer der verlängerte Arm auf dem Platz. Wenn es nötig war, konnte er seinen Mitspielern einen derben Anschiss verpassen. Den hat man sich zu Herzen, ihm aber nicht übel genommen. Innerhalb der Mannschaft war er auf und neben dem Platz hoch angesehen. In meiner Traumelf würde ich zweifelsohne Dieter die Kapitänsbinde geben.
Mit seinen damals 35 Jahren war Dieter nicht mehr der schnellste, aber mit seiner Ruhe und Erfahrung auf dem Platz ungemein wichtig. Er war ein cooler Typ und im positiven Sinne ein Drecksack. Vor allem in wichtigen Parteien wie den Aufstiegsspielen gegen TeBe Berlin hat er uns geführt. So gut wie er sich vor der Mannschaft präsentieren konnte, war es für mich keine Überraschung, dass Dieter die Trainerlaufbahn eingeschlagen hat.
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Mehr InformationenMarkus Kreuz // Linkes Mittelfeld
Eigentlich habe ich mich eher als Spielmacher gesehen, aber als Linksfuß habe ich den Großteil meiner Karriere im linken Mittelfeld oder Linksaußen gespielt. Meist gab es in den Mannschaften auf der 10er-Position schon etablierte Zehner wie Dirk Lottner in Köln oder Erwin Skela beim FSV Frankfurt, sodass ich nach links ausgewichen bin.
Meine Qualitäten lagen im Passspiel, bei Flanken und Standardsituationen. Außerdem hatte ich meist die besten Laktatwerte in der Mannschaft. Einerseits kam das meinem Spiel entgegen, weil ich auch immer viel mit nach hinten gearbeitet habe. Andererseits habe ich es damit teilweise übertrieben und bin viele unnötige Wege gegangen, sodass ich in der nächsten Situation vorne zu weit weg vom Geschehen war. Da hätte mir ein etwas besseres Gespür für die Situationen gutgetan. Aber es entsprach nun mal meinem Naturell, meinen Mannschaftskameraden auf dem Platz so gut es geht zu helfen.
Otto Addo // Offensives Mittelfeld // Hannover 96
Bei Otto war schon früh abzusehen, dass er das Potenzial für eine ganz große Karriere hatte. Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass er ohne seine viele Verletzungen irgendwann bei einem der ganz großen Vereine vom Kaliber Real Madrid oder FC Barcelona gelandet wäre.
Mit seinen 1,90 Meter sah Otto total schlaksig und recht harmlos aus, doch er war eine absolute Granate. Er war mega schnell und konnte problemlos gleich mehrere Leute austanzen. Manche Partien hat er mit zwei oder drei Aktionen alleine entschieden. Dabei war er kein Solist, sondern hat sich mit seinen Qualitäten in den Dienst der Mannschaft gestellt.
Nach seinem Wechsel von Hannover zum BVB hat er leider mit großem Verletzungspech zu kämpfen gehabt und sich drei Kreuzbandrisse zugezogen. Legendär ist sein Tor 2003 im UEFA-Cup gegen Austria Wien, als er nach einer schweren Verletzung bereits augewechselt werden sollte und mit seiner letzten Aktion unter Schmerzen ein Traumtor in den Winkel geschossen, das zum »Tor des Monats gewählt« gewählt wurde.
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Mehr InformationenMarco Reich // Linker Stürmer // 1. FC Köln
Marco ist im Fußball mein längster und allerbester Freund. Wir haben uns beim 1. FC Kaiserslautern in der Jugend kennengelernt und später in der U21-Nationalmannschaft, in Köln und sogar noch in Österreich beim Wolfsberger AK zusammen gespielt. Wenn wir nicht in einer Mannschaft waren, haben wir immer engen Kontakt gehalten.
Beim FCK war Marco ein Senkrechtstarter. Vor allem mit seinen vielen Vorlagen für Stürmer Olaf Marschall hatte er einen wichtigen Anteil daran, dass der Verein 1998 direkt nach dem Wiederaufstieg überraschend Deutscher Meister wurde. Daraufhin wurde Marco Nationalspieler, doch mit seinem Wechsel nach Köln geriet seine Karriere leider ins Stocken und kam weder bei Werder Bremen noch in England wieder so richtig in Schwung. Dabei hatte er ein unglaubliches Potenzial. Besonders beeindruckend war sein Antritt. Auf den ersten zehn Metern gab es keinen schnelleren Spieler als ihn.
Gerald Asamoah // Rechter Stürmer // Hannover 96
Eins-gegen-Eins im Training gegen Gerald haben immer Schmerzen bedeutet. Er war ein einziger harter Muskelberg. Ich habe keinen anderen Spieler kennengelernt, der mit so viel Kraft gespielt und sich in jeden Zweikampf geworfen hat. Damit hat er es sogar bis ins WM-Finale 2002 geschafft. Mit seiner lustigen Art und seiner robusten Spielweise ist er überall schnell zum Publikumsliebling geworden, vor allem natürlich auf Schalke.
Karriere-Insights von Markus Kreuz
Mein bester Trainer
Ewald Lienen war mein bester Trainer. Er spannende Trainingseinheiten gemacht, war ein guter Motivator, hatte ein hohes taktisches Verständnis und konnte uns super auf den nächsten Gegner vorbereiten. Am beeindruckendsten war aber seine fantastische Art, mit Menschen umzugehen. Er hat sich um jeden Spieler gekümmert, hatte immer ein offenes Ohr und war sehr verständnisvoll. Er konnte aber auch ein harter Hund sein. Als wir in der Saison 2000/01 mal 0:6 gegen Wolfsburg verloren haben, hat Ewald uns gehörig den Arsch aufgerissen und stundenlang Videoschulung gemacht. Mit Erfolg: Danach folgte eine Trotzreaktion und wir haben eine Serie hingelegt. Dabei hatten wir allerdings auch viel Glück, als zum Beispiel Jens Keller im folgenden 3:2-Sieg gegen Stuttgart auf der Linie am Kopf angeschossen wurde. Aber im Fußball entscheiden oft solche Kleinigkeiten. Mich stört nur, wenn anhand einer einzigen Szene festgemacht wird, ob alles super ist oder total schlechtgeredet wird.
Etwas problematisch wurde für Lienen, dass er es jedem recht machen wollte. Das ist als Trainer aber nicht möglich, vor allem in Köln nicht. Das hat ihm meines Erachtens letztlich das Genick gebrochen, sodass er leider entlassen wurde und ich nur eineinhalb Jahre unter ihm trainiert habe. Es hätte gerne länger sein dürfen. Nur mit seinen dauernden Ernährungstipps hat er ziemlich genervt. Wobei ich rückblickend sagen muss, dass Ewald seiner Zeit damit weit voraus war und wir Spieler damals noch nicht verstanden haben, wie wichtig die Ernährung als Sportler ist.
Meine schönste Station
Schon anhand der Aufstellung meiner Traumelf kann man erkennen, dass Hannover für mich eine ganz besondere Station war. Wir hatten eine hervorragende Mannschaft und haben schöne Erfolge gefeiert. Auch die Fans waren großartig: Als Drittligist haben wir vor 56.000 Zuschauern gegen TeBe Berlin um den Aufstieg in die 2. Liga gespielt. Selbst gegen Unterhaching kamen in der 2. Liga 35.000 Leute ins Stadion! Die Fans haben uns geliebt, weil wir eine Mannschaft mit willensstarken und hoch veranlagten Talenten aus der eigenen Jugend und einigen alten Vereinsikonen wie Carsten Linke und Jörg Sievers waren. Damit konnte sich jeder im Stadion identifizieren.
Mein Weg zum Profi
Ich habe im Alter von 5 Jahren angefangen, im Verein Fußball zu spielen und hatte von da an das Ziel, Profi zu werden. Als ich dann in der Jugend pro Saison regelmäßig über 70 Tore geschossen und mich nach dem Wechsel in die B-Jugend von Mainz 05 auch dort durchgesetzt habe, bekam ich das Gefühl, dass mein Traum wirklich wahr werden könnte. Nach ein paar Einsätzen in der 2. Liga in Mainz bekam ich ein Angebot aus Hannover aus der 3. Liga. Das war letztlich kein Rückschritt, sondern der eigentliche Startschuss für meine Karriere.
Rückblickend wäre in meinen über 15 Jahren als Profi für mich sicherlich etwas mehr drin gewesen. Ich hätte einfach mehr gute und weniger schlechte Spiele machen müssen. (lacht) Ich möchte dem aber gar nicht groß nachtrauern, sondern bin froh, meinen Traum vom Profi-Fußball so lange gelebt haben zu können.
Meine Karriere nach der Karriere
Nach dem Ende meiner aktiven Karriere im Profi-Fußball habe ich noch unterklassig weitergespielt und in Mainz eine Umschulung zum Sport- und Fitnesskaufmann gemacht sowie auf Honorarbasis als Trainer in der Fußballschule von Mainz 05 gearbeitet. Mittlerweile betreibe ich in meiner Heimatstadt Ingelheim gemeinsam mit meiner Frau eine Pizzeria, wodurch ich zeitlich voll ausgelastet bin, sodass ich die Fußballschuhe an den Nagel gehängt habe.
Der Werdegang von Markus Kreuz
Jahre | Verein | Spiele (Tore) |
---|---|---|
1995–1998 | FSV Mainz 05 | 12 (0) |
1998-2000 | Hannover 96 | 85 (17) |
2000-2003 | 1. FC Köln | 74 (8) |
2003–2004 | Eintracht Frankfurt | 30 (1) |
2004-2005 | Rot-Weiß Erfurt | 24 (1) |
2005–2006 | Real Murcia | 17 (0) |
2006-2007 | Kickers Offenbach | 20 (0) |
2007-2009 | FSV Frankfurt | 54 (3) |
2009-2012 | WAC/St. Andrä (AUT) | 78 (11) |