Alf Mintzel

Alf Mintzel

»Ich war ein popeliger Drittligaspieler, habe nicht die Welt gerettet«, sagt Alf Mintzel über sich, doch nicht nur die Fans des SV Wehen Wiesbaden haben ihn für seinen Einsatz auf dem Platz und für seine lässigen Sprüche geliebt. Hier blickt der Kultkicker, der 325 Einsätze in der 3. Liga absolviert hat, auf seine Karriere zurück und stellt seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern auf. Dabei erinnert er sich an die Weisheiten von Bruno Akrapovic, Besuche in einer Jugo-Disko mit Sasa Ciric und den dreisten Schuhdiebstahl von Suat Türker.

Die Traumelf von Alf Mintzel

Aufstellung

Alf Mintzel über…

Markus Kolke // Torwart // SV Wehen Wiesbaden

Die Reflexe von „Kolle” auf der Linie waren der Wahnsinn. Weil er im Tor gefühlt acht Arme hat, hat er den Spitznamen „Krake“ verpasst bekommen. Wir haben beim SVWW nicht nur viele Jahre zusammengespielt, sondern waren auch Zimmerpartner, haben im gleichen Kaff gewohnt und sind abends des Öfteren auf die Piste gegangen. Auch wenn wir gute Freunde sind, konnten wir uns im Training ordentlich anschreien.

Wenn wir gefeiert haben, dann richtig. Im Trainingslager hat er mich mal fast umgebracht, als ich feiernd auf einem eineinhalb Meter hohen Podest stand und er meinte, mich da mit einem Bodycheck runterwemmsen zu müssen. Dabei hätte alles passieren können, aber zum Glück ist es glimpflich ausgegangen. Betrunkenen und kleinen Kindern passiert ja bekanntlich nichts.

Von Mark stammt auch das mittlerweile berühmte Zitat über ich, als nach unserem Aufstieg in die 2. Liga im Siegestaumel in die TV-Kamera sagte: »Alf raucht wie ein Schlot, trinkt Weizen én Masse, aber was der im Spiel abspult, ist der Wahnsinn.« Er hat natürlich etwas übertrieben, auch wenn ich nie verheimlicht habe, dass ich nicht wie ein Asket gelebt habe. Als ich einige Minuten später völlig unvorbereitet bei meinem Interview darauf angesprochen wurde, war selbst ich ausnahmsweise für einen Moment sprachlos.

Fabian Schönheim // Linker Verteidiger // SV Wehen Wiesbaden

Fabian kam 2009 vom 1. FC Kaiserslautern, wo er in jungen Jahren als Riesentalent galt, dann aber einen Karriereknicks erlitten hat und sich auf einmal bei uns in den Niederungen des Profi-Fußballs wiederfand.

Wir haben uns von Beginn an sowohl privat als auch sportlich super verstanden. Auf der linken Seite haben wir eine Achse gebildet, die in der 3. Liga ihresgleichen gesucht hat. Ich behaupte mal, dass ich dadurch mitgeholfen habe, seine Karriere wieder in Schwung zu bringen. Durch seine guten Leistungen in Wiesbaden geriet er wieder ins Blickfeld anderer Vereine. Ihm gelang mit dem Wechsel zu Mainz 05 der Sprung zurück in die 1. Bundesliga, bevor er noch viele Jahre eine wichtige Rolle bei Union Berlin eingenommen hat. Die Rückkehr auf die große Bühne hat mich brutal für ihn gefreut!

Benjamin Hübner // Innenverteidiger // SV Wehen Wiesbaden

Benny ist ein Phänomen. Unter der Woche habe ich mich immer gefragt, ob er einen Doppelgänger hat. Er kam bevorzugt auf den letzten Drücker zum Training, hat sich umgezogen wie ein 80-Jähriger und auf dem Trainingsplatz keinen besonderen Ehrgeiz an den Tag gelegt.

Doch wenn am Wochenende das Spiel angepfiffen wurde, war Benny plötzlich ein anderer Mensch. Dann war er unglaublich zweikampfstark und hat seine Gegenspieler zerstört. Aggressiv bis asozial beschreibt seine Spielweise ganz gut. Ich bin schwer beeindruckt, was Benny seit unseren gemeinsamen Jahren in Wiesbaden für eine Karriere hingelegt hat!

Heiko Westermann // Innenverteidiger // SpVgg Greuther Fürth

Mit Heiko habe ich nur eine Saison zusammengespielt, aber in der Zeit hat er mich nachhaltig beeindruckt. Anfang der 2000er Jahre trieben vor allem grobmotorische Innenverteidiger auf dem Platz ihr Unwesen. Doch dann kam auf einmal Heiko daher. Er war einer der ersten Abwehrspieler, die nicht nur zerstören, sondern auch richtig gut Fußball spielen konnten. Er hatte ein super Spielverständnis, war beidfüßig und konnte seinen Mitspielern Diagonalbälle über 30 Meter in den Fuß spielen. Damit war er für mich das Sinnbild des modernen Innenverteidigers und definitiv einer der besten Spieler, mit denen ich zusammengespielt habe!

Christian Müller // Rechter Verteidiger // Kickers Offenbach

Als ich nach Offenbach kam, hat Christian mir sehr dabei geholfen, mich in das Team zu integrieren und in die Stadt zurechtzufinden. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht und saßen auch im Bus nebeneinander. Ich mochte seine Unbedarftheit, außer einmal: Bei einer Auswärtsfahrt hat er im Bus versehentlich den Bildschirm meines Laptops geschrottet. Als ich daraufhin meinte, dass wir das über seine Haftpflichtversicherung laufen lassen können, sah er mich mit großen Augen an und fragte: »Was ist eine Haftpflichtversicherung?«

Christian war ein unfassbar guter Rechtsverteidiger mit einer astreinen Mentalität. Von Rückständen hat er sich nicht entmutigen lassen. Er war einer von der Sorte, die man nachts wecken kann und die dann trotzdem voll da sind. Nach seinem Wechsel zur RB Leipzig hat er sich leider eine üble Knieverletzung zugezogen, sodass er zum Sportinvaliden wurde.

Bruno Akrapovic // Defensives Mittelfeld // Kickers Offenbach

Bruno war eine Ausnahmeerscheinung, ein Spielertyp der alten Schule. Er war ein “aggressive Leader” mit einem Körper aus Stahl. In meiner Traumelf würde ich ihm die Kapitänsbinde geben.

Zu unserer gemeinen Zeit 2005 in Offenbach stand ich noch relativ am Anfang meiner Karriere, während sich seine dem Ende entgegen neigte. Irgendwie mochte er mich auf Anhieb. Damals herrschte in den Mannschaften noch eine strengere Hierarchie als heute üblich, doch er hat mich Jungspund von Beginn an mit viel Respekt behandelt. Wir haben uns viel unterhalten und dabei hat er viel aus seiner bewegten Karriere erzählt. Im Gegenzug musste ich in jeder freien Minuten mit ihm um Geld Backgammon spielen. Eines Abends klingelte um 20 Uhr mein Telefon. Bruno war dran und meinte in einem Befehlston nur: »Alf, in 20 Minuten bei mir!« – und hat aufgelegt. Ich hatte keine Ahnung, was er von mir wollte und bin etwas verängstigt zu ihm gefahren. Das Ende vom Lied: Er stand beim Backgammon mit 100 Euro bei mir in der Kreide und ich musste so lange mit ihm spielen, bis er wieder schuldenfrei war. Bis tief in die Nacht habe ich also brav mein Geld verloren und durfte dann erst wieder nach Hause. (lacht) Das war aber gut investiert, denn Bruno hatte in seinem Leben so unfassbar viel erlebt, dass es für mich als jungen Spieler total spannend und lehrreich war, ihm zuzuhören. Aus unseren Gesprächen konnte ich viel für mein Leben und meine Karriere herausziehen. Ein Tipp von ihm lautete: »Wenn der Trainer dich nicht aufstellt, dann suche nicht die Schuld bei allen anderen, sondern fange bei dir an!«

Bruno konnte echt witzig sein und hatte viel Blödsinn im Kopf. Einmal hat er mich mit unterdrückter Telefonnummer angerufen und sich als Vertreter von Real Madrid ausgegeben, der mich angeblich verpflichten wollte. Aber sein Jugo-Dialekt hat ihn sofort verraten. (lacht)

Alf Mintzel // Linkes Mittelfeld

Ich war nicht der größte Fußballer, hatte aber die richtige Mentalität, um mich 17 Jahre im Profi-Fußball zu behaupten. Ich habe immer alles gegeben und nie aufgegeben. Unser Platzwart hat manchmal mit mir geschimpft, dass auf meiner Seite kein Gras mehr wächst.

Meine Trainer hätten sich bestimmt einen gesünderen Lebenswandel von mir gewünscht, doch weil ich meist die besten Laktatwerte und die höchste Laufleistung im Team hatte, konnten sie nicht viel dagegen sagen. Selbst unser Teamarzt hat mir mit 37 Jahren noch den Körper eines 25-Jährigen attestiert. Nur meine Mutter war etwas verstört, als die SVWW-Fans im Stadion sinngemäß gesungen haben »Mintzel ist on fire, zieht sich noch ein Bierchen rein.«

Nach den Spielen hatte ich nie ein Problem damit, vor die Mikrofone zu treten. Weil meine Mutter Deutschlehrerin ist, hat sie von jeher auf eine gute Ausdrucksweise geachtet. Dadurch konnte ich auch ohne Medienschulung saubere Sätze herausbringen. Ich mochte aber nie die immer gleichen 08/15-Standardantworten auf die immer gleichen Fragen. Daher habe ich mir das Recht herausgenommen, auch mal Klartext zu reden oder bescheuerte Antworten zu geben.

Für mich war es selbstverständlich, den Fans ein Autogramm zu geben oder mit ihnen ein Foto zu machen. Es wäre doch schlimmer, wenn keiner von einem etwas will! Man kann über Ronaldo sagen, was man will, aber wie er mit seinen Fans umgeht, finde ich sensationell.

Petr Ruman // Rechtes Mittelfeld // SpVgg Greuther Fürth

Greuther Fürth war meine erste richtige Profi-Station. Ich bin Petr noch heute dankbar, dass er sich damals die Zeit genommen hat, mir Bauerntölpel aus Würzburg zu erklären, wie die Dinge im Fußball laufen und was im Leben eines Profis wichtig ist. Wenn ich Fragen hatte oder mir etwas auf dem Herzen lag, hatte er immer ein offenes Ohr für mich.

Auch wenn Petr eine ruhige und nette Art hatte, besaß er eine natürliche Autorität. Ich habe unfassbar gerne mit ihm zusammengespielt und ihm zugeschaut. Er war ein sensationeller Fußballer, der etwas von Denis Bergkamp hatte. Statt die Bälle mit Gewalt ins Tor zu dreschen, hat er sie einfach mit viel Gefühl und Präzision am Torwart ins Netz geschlenzt.

Alberto Mendez // Offensives Mittelfeld // 1. SC Feucht

Bevor ich 2004 in Feucht mit Alberto zusammengespielt habe, hatte er eine wilde Karriere hinter sich: Als er 1997 zum ersten Mal beim 1. SC Feucht spielte, schaute sich Arsene Wenger bei einem Trainingslager zufällig ein Spiel von ihm an. Daraufhin hat er ihn direkt für Arsenal London verpflichtet und ihm einen 5-Jahresvertrag gegeben. In der Champions League hat Alberto dann sogar mal ein Tor für Arsenal gemacht, aber letztlich ist ihm der Durchbruch dort nicht gelungen, sodass eine Zeit dort nach zwei Jahren endete. Danach wurde er zu einem richtigen Wandervogel, der fast jede Saison woanders gespielt hat.

Alberto war ein Sahnefußballer und sehr intelligenter Spieler. Vom ersten Tag an haben wir uns blind verstanden. In unser kurzen gemeinsamen Zeit habe ich von ihm mehr traumhafte Zuspiele bekommen, als in meiner gesamten restlichen Karriere.

Sasa Ciric // Sturm // Kickers Offenbach

Mit seinen 37 Jahren ist Sasa nicht mehr viel gelaufen, doch er war selbst im hohen Fußballer-Alter noch ein begnadeter Stürmer mit einer feinen Technik. Er war nicht vom Ball zu trennen und konnte einen Knoten in die Beine spielen. Es war faszinierend, mit welcher Bierruhe er selbst knifflige Situationen gelöst hat. Er hatte in seiner Karriere schon so viel erlebt, dass ihn auf dem Platz nichts mehr schocken konnte.

Sasa hat zwar nicht den Star aushängen lassen, aber regelmäßig die Geldstrafe gezahlt, weil er einfach das Auslaufen geschwänzt hat. Das wäre heute undenkbar, aber es waren noch andere Zeiten und die Vereine der 3. Liga standen nicht sehr im Fokus.

Auch abseits des Platzes war Sasa eine Erscheinung. Einmal hat er mich in eine Jugo-Disko mitgenommen. Als Weißbrot hatte ich da Angst, irgendjemand zu lange in die Augen zu schauen – doch Sasa lief da rum wie der König. Ich blieb dann ganz vorsichtig in seinem Windschatten. (lacht)

Suat Türker // Sturm // Kickers Offenbach

Vom Körper her sah Suat nicht aus wie ein Fußballer, doch sobald er den Ball am Fuß hatte, war er für die Gegner brandgefährlich und immer für ein Tor gut.

Suat ist einer der verrücktesten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Ich war mal für ein Spiel gesperrt und habe es mir im TV angeschaut. Da sehe ich, dass der Typ meine Schuhe trägt und damit ein Tor gemacht hat. Als ich ihn beim nächsten Training in der Kabine darauf ansprach, sagte er nur: »Alf, das waren deine Schuhe, jetzt sind es meine.« Ich hatte mir die Schuhe eine Woche vorher von meinem eigenen Geld für über 200 Euro gekauft, was damals wirklich viel Geld für mich war! Aber das war Suat egal. Es kam für ihn auch gar nicht in die Tüte, mir dafür Geld zu geben. So musste ich kleinlaut zu meiner Frau gehen und ihr verklickern, dass ich noch einmal 200 Euro für neue Schuhe ausgeben muss. In den nächsten Spielen hat er aber ein paar mal getroffen, sodass das Geld durch die Siegprämien zum Glück wieder reinkam. Wenn ich ihn heute auf die Geschichte anspreche, tut er so, als könne er sich nicht daran erinnern. (lacht)

Meine prominente Ersatzbank

Im Laufe meiner Karriere habe ich noch mit einigen Hochkarätern zusammengespielt, die auch einen Platz in meiner Traumelf verdient hätten. Um sie nicht ganz unerwähnt zu lassen, berufe ich sie auf meine Ersatzbank.

Cesar Thier // Tor
Markus Happe // Abwehr
Guido Lanzaat // Abwehr
Thorsten Jutt // Mittelfeld
Zlatko Janjic // Mittelfeld
Marco Reich // Mittelfeld
Markus Feinbier // Sturm
Sean Dundee // Sturm

Choeografie für Legende Alf Mintzel
Bild: Choreo der SVWW-Ultras zu Ehren von Alf Mintzel

Karriere-Insights von Alf Mintzel

Mein bester Trainer

Mein bester Trainer war Rüdiger Rehm, der menschlich und fachlich eine glatte 1 ist. Vor allem seine Vorbereitung auf die Spiele war sensationell. Es war faszinierend, dass jeder Gegner zu 100 Prozent genau das gemacht hat, was Rüdiger uns vorher in der Analyse vorausgesagt hat. Als Spieler war das großartig, weil uns dadurch nichts überrascht hat und wir uns voll auf unser eigenes Spiel konzentrieren konnten.

Ich hatte leider auch ganz andere Trainer. Zu Beginn meiner Profi-Karriere sagte mal einer zu mir: »In unserer Mannschaft bist du der beste Mann auf der linken Seite. Aber ich habe drei Kriterien, nach denen ich aufstelle: mindestens 25 Jahre, mindestens 50 Zweitliga-Spiele und mindestens 1,85 Meter groß. Du erfüllst keines davon, darum spielst du bei mir nicht!« Ich bin dann gewechselt…

Mein Weg zum Profi

Als Junge hatte ich nie den Plan, Profi zu werden. Mir war schon klar, dass ich etwas Talent habe, aber ich habe mich selbst nie als so gut gesehen. Mit 14 Jahren hatte ich ein Angebot vom 1. FC Nürnberg, aber meine Mutter hat das abgebügelt und mir verklickert, dass ich erst mal die Schule zu Ende machen soll. Nach der Schule habe ich dann in Würzburg eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann begonnen und dort nebenbei beim Würzburger FV gespielt, wo ich immerhin etwas Spritgeld bekommen habe.

Nach einem Jahr hat Greuther Fürth bei mir angeklopft, doch ich wollte auf Nummer sicher gehen und zunächst meine Ausbildung zu Ende machen. Als Fürth mich dann ein Jahr später immer noch haben wollte, habe ich dann schließlich den Schritt gewagt. Nach nur drei Monaten wurde ich von der Amateurmannschaft zu den Profis beordert, wo ich dann meine ersten Einsätze im Profi-Fußball hatte.

Zu Beginn meiner Karriere war ich entgegen meiner Natur ein Fußball-Nomade mit einigen Vereinswechseln. Wenn es mir irgendwo gefiel, hatte ich nicht das Verlangen wegen ein paar Mark mehr woanders hinzugehen. Ich wäre sehr gerne länger in Offenbach geblieben, doch der Verein meinte damals, mit einer Heerschar von Söldnern in der 2. Liga oben angreifen zu wollen, anstatt die gewachsene und intakte Mannschaft lediglich gezielt zu verstärken. Dadurch wurde ich gegangen. Das Ende vom Lied für die Kickers: der Abstieg in die 3. Liga.

Auch in Sandhausen wäre ich gerne geblieben, doch weil ich vom Trainer hingehalten wurde, habe ich irgendwann selbst die Entscheidung getroffen zu gehen, zumal ich zu der Zeit Vater geworden bin und wissen wollte, wie es für meine Familie und mich weitergeht.

In Wehen Wiesabden hatte ich schon mündlich zugesagt, als mich der Manager vom Zweitligist FC Ingolstadt anrief und mich verpflichten wollte. Das Angebot war deutlich besser, doch ich habe abgesagt, weil ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte, mein Wort zu brechen. Wie es der Zufall wollte, sind wir Jahre später in der Relegation gegen Ingolstadt in die 2. Liga aufgestiegen. Ich glaube an Karma. Oder wie mein leider verstorbener Ex-Trainer Wolfgang Frank zu mir zu sagen pflegte: »Aaalf, hehe, es gibt keine Zufälle!«. Vielleicht ist da etwas dran.

Die besten Momente meiner Karriere

Der Aufstieg mit Kickers Offenbach in die 2. Liga nach der Saison 2004/05 war gigantisch, die Heimfahrt nach dem Auswärtsspiel bei der 2. Mannschaft vom FSV Mainz 05 werde ich nie vergessen. Auf der Rückfahrt waren wir mit 10.000 Fans auf der Autobahn, sodass wir nur im Schritttempo vorankamen – und ich auf dem Dach von unserem Mannschaftsbus saß.

Der emotional heftigste Moment war der Last-Minute-Nichtabstieg 2016 mit dem SVWW. Aufzusteigen ist großartig, aber das bedeutet auch, dass man die meisten Spiele gewinnt und die Saison in der Tabelle oben stand. In der Saison 2016 stecken wir tief im Tabellenkeller, mit einem schier aussichtslosen Rückstand auf den Nichtabstiegsplatz. Selbst am letzten Spieltag mussten mehrere Spiele für uns laufen, damit wir die Klasse hielten. Als ich dann schließlich in der 94. Minute das rettende Tor geschossen habe und wir dem Abstieg in die Regionalliga damit von der Schippe gesprungen sind, sind bei uns Spielern und den Fans alle Dämme gebrochen.

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Video: Alf Mintzel schießt das entscheidende Tor zum Klassenerhalt des SVWW

Der Aufstieg in die 2. Bundesliga drei Jahre später war für mich dann das perfekte Happy End meiner Karriere! Körperlich hätte ich sicher noch ein Jahr dranhängen können, doch ich wäre schön blöd gewesen, nach 17 Jahren im Profi-Fußball nicht mit so einem tollen Abschluss aufzuhören. Mir ist lieber, wenn die Leute sagen »Schade, dass der Mintzel nicht noch weitergespielt hat«, als dass sie mich irgendwann gefragt hätten, wann ich endlich meine Schuhe an den Nagel hänge.

Das Fußballbusiness in der 3. Liga

In der 1. Bundesliga sind die Gehälter der Profis seit Anfang der 2000er Jahre explodiert. In der 3. Liga, wo ich die meiste Zeit meiner Karriere gespielt habe, ist davon aber nichts angekommen. Den Vereinen wird es aber auch nicht leicht gemacht. Sie haben den gleichen Aufwand wie in der 2. Liga, bekommen aber nur einen Bruchteil des TV-Geldes. Ohne einen starken Partner als Sponsor ist es fast unmöglich, in der 3. Liga wirtschaftlich zu bestehen. Entsprechend gering sind die Gehälter der Spieler. Von »ausgesorgt haben« kann da nicht ansatzweise die Rede sein.

Darüber, dass die Spitzenspieler völlig überbezahlt sind, herrscht mittlerweile Konsens. Aber ich mache ihnen keinen Vorwurf, dass die das Geld nehmen, das Ihnen geboten wird. Mir wäre es auch lieber, wenn jeder Multimillionär zehn Prozent seines Einkommens für soziale Zwecke spenden würde, aber das ist leider nicht die Welt, in der wir leben.

Meine Karriere nach der Karriere

Spätestens mit 25 Jahren war mir klar, dass ich es nicht mehr in die 1. Bundesliga schaffen würde. Daher habe ich nebenbei Sportmanagement und Sportmarketing studiert, damit später in meiner Bewerbung für meine zweite Karriere nicht nur stehen würde, dass ich gegen einen Fußball getreten habe.

Mit 32 Jahren hat mir der SVWW angeboten, nach meinem Karriereende im Verein zu arbeiten. Weil ich aber noch zu gut im Saft war und Trainer Rüdiger Rehm mich noch Jahr für Jahr zum Weiterspielen überzeugt hat, kam es erst später als gedacht dazu. Nun arbeite ich bei uns im Marketing und Vertrieb. Als Ex-Profi auf einmal auf der Geschäftsstelle zu arbeiten, fühlte sich zuerst etwas merkwürdig an, doch ich wurde super aufgenommen und die Arbeit macht mir riesigen Spaß!

Der Werdegang von Alf Mintzel

Jahre Verein Spiele (Tore)
2001–2003 Würzburger FV 68 (7)
2003–2004 SpVgg Greuther Fürth 5 (0)
2004 1. FC Feucht 18 (0)
2005–2007 Kickers Offenbach 44 (2)
2007–2010 SV Sandhausen 76 (12)
2010–2019 SV Wehen Wiesbaden 272 (17)

Vereine: SV Wehen-Wiesbaden, SpVgg Greuther Fürth, Kickers Offenbach
Kategorie: Spieler
Bildcredits: imago images
Autor: Lukas große Klönne

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