Timo Wenzel

Timo Wenzel

Timo Wenzel war einer der »Jungen Wilden«, die mit dem VfB Stuttgart die Bundesliga aufgemischt und in der Champions League für Furore gesorgt haben. Hier blickt er auf seine Karriere zurück und stellt seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern vor. Dabei erinnert er sich an Vorahnungen von Timo Hildebrand, Ziehpapa Zvonimir Soldo und mutige Ansagen von Jens Todt gegenüber Felix Magath. Außerdem erzählt er, warum er sich an einem Tag wie Superstar Cristiano Ronaldo gefühlt hat.

Die Traumelf von Timo Wenzel

Aufstellung

Timo Wenzel über…

Timo Hildebrand // Torwart // VfB Stuttgart

Timos war für unsere Mannschaft ein großer Rückhalt. Herausragend waren seine fußballerischen Qualitäten, mit denen er Olli Kahn und Jens Lehmann weit überlegen war. Wir haben im gleichen Ort gewohnt und sind beim VfB den gleichen Weg gegangen. Zehn Jahre haben wir zusammen gespielt, erst in der Jugend, dann bei den Amateuren und schließlich bei den Profis und sogar zusammen im Team 2006 des DFB. Ich weiß noch, wie ich vor dem Spiel beim HSV zum ersten Mal im Kader stand und Timo mir abends auf dem Zimmer sagte, dass er das Gefühl hätte, dass ich am nächsten Tag spielen würde. Da habe ich ihn für verrückt erklärt, doch in der Mannschaftssitzung stand tatsächlich mein Name auf der Taktiktafel.

Andreas Hinkel // Rechter Verteidiger // VfB Stuttgart

Fußballerisch war Andy einer der besten Rechtsverteidiger der Liga. Er war ein Lauftier und technisch versiert, nur deine eine oder andere Flanken hätte besser kommen können. (lacht) Außerhalb des Platzes konnte er keiner Fliege etwas zuleide tun, aber im Spiel wollte er um jeden Preis gewinnen! Ich habe ihn als herzlichen, verlässlichen und bodenständigen Menschen kennengelernt – und so ist er immer geblieben. Der Erfolg hat ihn kein Stück verändert.

Pablo Thiam // Innenverteidiger // VfB Stuttgart

Auf dem Platz war er mit seinen Staubsauger-Qualitäten vor der Abwehr ein ganz wichtiger Mann für uns. Auch abseits des Platzes war er einer der Spieler, zu denen ich als Nachwuchsprofi hoch geschaut habe. Er hat mir und den anderen Jüngeren beigebracht, wie die Dinge in der 1. Mannschaft laufen. Als er ein Angebot von Bayern München kam, habe ich mich einerseits für ihn gefreut, andererseits war es verdammt schade, dass er uns verlassen hat. Unser Kontakt hat aber gehalten. Ich war sogar mit ihm in München auf Wohnungssuche und später auf seiner Hochzeit.

Ingo Hertzsch // Innenverteidiger // 1. FC Kaiserslautern

Mit dem »Hertzscher« alias »Weißbier-Ingo« habe ich erst in Kaiserslautern und dann beim FC Augsburg zusammen gespielt, wo wir Zimmerkollegen waren. Er war ein Vorstopper der alten Schule, knüppelhart, aber meistens fair und hat sich in jedem Spiel voll reingehauen. Im Spielaufbau gab es versiertere Verteidiger als ihn, aber als sein Nebenmann habe ich das für ihn übernommen. (lacht) Zum Ende seiner Karriere ist er zu RB Leipzig gewechselt, wo er heute auf der Geschäftsstelle des Vereins tätig ist.

Philipp Lahm // Linker Verteidiger // VfB Stuttgart

Als wir erfahren haben, dass ein gewisser Philipp Lahm von den Bayern Amateuren zu uns kommt, waren wir gespannt, was er für einer ist, denn wir wussten so gut wie nichts über ihn. Als ich ihn das erste Mal in der Kabine gesehen habe, bin ich nicht auf die Idee gekommen, dass da ein späterer Champions-League-Sieger und Weltmeister vor mir sitzen würde.

Wir haben dann aber schnell gemerkt, dass Philipp trotz seines jungen Alters schon sehr weit war und er über außergewöhnliche Spielintelligenz verfügte. Seinen ersten Einsatz hatte er, als er am zweiten Spieltag für mich eingewechselt wurde. Ab dann war er bei uns im Team gesetzt.

Zvonomir Soldo // Defensives Mittelfeld // VfB Stuttgart

Zvonomir war unser unumstrittener Kapitän, ein absoluter Leader und darüber hinaus noch der Ziehpapa der »jungen Wilden« Generation um Philipp Lahm, Andy Hinkel, Kevin Kuranyi und mich. Seine Autorität auf dem Platz war förmlich greifbar. Soldo hat nicht sonderlich viel geredet, aber wenn er den Mund aufgemacht hat, war das inspirierend. »Fußball ist ganz einfach«, hat er mal zu mir gesagt. Und so hat er auch gespielt: ganz klar, mit wenigen Kontakten, mit sauberen Pässe und ohne Risiko, aber mit vollem Einsatz im Zweikampf.

Jens Todt // Zentrales Mittelfeld // VfB Stuttgart

Ich habe immer gerne von den erfahrenen Spielern gelernt, sowohl was das Sportliche als auch deren Verhalten in der Mannschaft anbelangt. Jens war einer der Spieler, die mich dabei am meisten beeindruckt haben, denn er hat richtig was auf dem Kasten.

Jens war ein kompletter Spieler, der im Mittelfeld die Fäden gezogen hat, auch wenn er das in Stuttgart viel zu selten zeigen konnte. Zum einen war er damals oft verletzt und zum anderen hatte er unter Felix Magath einen schweren Stand, nachdem er es gewagt hat, dem Trainer eine Ansage zu machen. Nachdem wir ein Spiel verloren hatten, war Magath tagelang richtig schlecht gelaunt und hat uns das spüren lassen. In der Kabine hat Jens schließlich das Wort ergriffen und meinte zu Magath: »Trainer, Sie laufen jetzt seit einer Woche mit so einer Fresse rum. Ja, wir Spieler haben es im letzten Spiel verbockt, aber mit Ihrer miesen Laune helfen Sie uns auch nicht weiter. Wir brauchen einen Trainer, der hinter uns steht.«

Einerseits hat das gefruchtet, denn Magath war die Tage danach viel freundlicher, aber Jens hat ab dem Zeitpunkt nicht mehr viel gespielt und war somit leider ein Opfer seiner eigenen Courage. Unsere Mannschaft wusste seine offenen Worte aber sehr zu schätzen!

Dimitrios Grammozis // Zentrales Mittelfeld // 1. FC Kaiserslautern

Dimi ist einer meiner absoluten Favorite Player. Er war ein überragender Kicker und auf dem Platz ein echter Kerl. Er hat sich nichts geschissen, wie man so schön sagt, ganz egal wie groß der Druck oder heikel die Situation war. Er hat sich immer wieder angeboten und dann Lösungen gefunden.

Außer mit Timo Hildebrand habe ich mit keinem anderen Spieler so viel erlebt wie mit Dimi. Wir haben erst in Kaiserslautern, dann in Zypern und schließlich in Griechenland zusammen gespielt. Außerdem haben wir nach unserer Karriere noch gemeinsam den Trainerlehrgang absolviert. Unser guter Draht hält bis heute.

Leonhard Haas // Linkes Mittelfeld // FC Augsburg

Leo kam von den Bayern- und HSV-Amateuren, bevor er nach Augsburg gewechselt ist. Den Durchbruch hat er damals noch nicht geschafft, aber er war ein Spieler, den ich immer gerne in meiner Mannschaft hatte. In der Defensive war er zwar nicht groß zu gebrauchen, aber in der Offensive hat er dank seiner feinen Technik und seiner Dribbelkünste ordentlich für Wirbel gesorgt.

Silvio Meißner // Rechtes Mittelfeld // VfB Stuttgart

Silvio zählte nie zu den Stars, aber er war enorm wertvoll fürs Team. Er war der Typ Mittelfeld-Terrier: 90 Minuten gelaufen, Löcher gestopft und den Gegner bearbeitet. Und nebenbei hat er noch in schöner Regelmäßigkeit Tore geschossen. Solche Spieler sind für jede Mannschaft Gold wert, auch wenn »Meise« es mit seinem Einsatz manchmal übertrieben hat, zum Beispiel als mir er im Training beim 5-gegen-2 die Nase gebrochen hat!

Miroslav Klose // Sturm // 1. FC Kaiserslautern

Mit Miro habe ich nur ein halbes Jahr beim FCK zusammengespielt, aber in der Zeit hat er mich nachhaltig beeindruckt, obwohl er damals eine Torflaute hatte. Sein Kopfballspiel war eine Wucht, genauso wie seine Menschlichkeit. Miro war ungemein freundlich und hilfsbereit. Damals wie heute ist er charakterlich eine glatte Eins. Es ist jedes Mal eine Freude, ihn wiederzutreffen.

Mit seinem Wechsel von Lautern zu Werder 2004 hat Miro den nächsten Schritt gemacht und dann eine sagenhafte Karriere hingelegt. Beim WM-Finale 2014 habe ich natürlich wie alle Fans mitgefiebert, auch weil da mit Miro und Philipp zwei ehemalige Mitspieler von mir auf dem Platz standen.

Meine Ersatzbank

Es gibt noch so viele weitere herausragende Spieler wie zum Beispiel Krassimir Balakov, Alexander Hleb, Kevin Kuranyi oder Carsten Jancker, die einen Platz in meiner Traumelf verdient gehabt hätten. Für die Ersatzbank entscheide ich mich jedoch für Spieler, die zwar nicht den großen Namen haben, in meiner Karriere aber wichtige Wegbegleiter für mich waren.

Morten Jensen // TW // SV Elversberg
Ilker Aybar // Abwehr // VfB Stuttgart II
Timo Schmied // Abwehr // VFB Stuttgart II
Noel Kaseke // Mittelfeld // Omonia Nikosia
Matteo Batista // Mittelfeld // VfB Stuttgart II
Angelo Vakaro // Sturm // FC Augsburg
Christian Tiffert // Sturm // VfB Stuttgart

Karriere-Insights von Timo Wenzel

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Video: VfB gewinnt 2:1 in der Champions League gegen Manchester United

Meine besten Trainer

Felix Magath verlangte uns alles ab und war manchmal viel zu hart. Aber wir hatten unter ihm Erfolg – und darauf kommt es im Profifußball unterm Strich an. Bei aller Härte war er aber nicht unfair. Er hat meinen Trainingsleistungen honoriert und mir daraufhin die Chance gegeben, mich in der Bundesliga und Champions League zu beweisen. Somit habe ich ihm im Prinzip alles zu verdanken.

Erik Gerets hat mich Anfang 2004 nach Lautern geholt, doch leider wurde er nur wenige Wochen später entlassen. Ich hätte gerne länger mit ihm zusammengearbeitet, denn er war ein verdammt guter Trainer mit einem super Draht zu den Spielern. Nicht nur ich, sondern auch viele Mitspieler waren traurig, als er gehen musste.

Auch Kurt Jara, unter dem ich beim FCK Kapitän war, hat alles mitgebracht, was ein guter Trainer braucht und war in der Mannschaft sehr beliebt. Als er sich jedoch nach einer Niederlage gegen Hannover aus der Emotion heraus dazu hinreißen lassen hat, den Fans den Stinkefinger zu zeigen, war seine Entlassung nicht mehr zu vermeiden.

Mein Weg zum Profi

Wie jeder kleine Junge habe ich davon geträumt, Fußballprofi zu werden und haben jeden Tag mit meinen Freunden gekickt. In der D-Jugend bin ich dann vom FC Burlafingen zum SSV Ulm gewechselt. Nach einer Weile ist der VfB Stuttgart auf mich aufmerksam geworden und hat mich in die U19 geholt, wo Ralf Rangnick damals Trainer war. Später kam ich zu den Amateuren in die U23, habe dort im ersten Jahr allerdings kaum gespielt, sodass ich mir schon die Frage gestellt hat, ob ich hier noch richtig bin. Doch der Verein hat keine Anstalten gemacht, mich loswerden zu wollen. Also habe ich mich durchgebissen und im zweiten Jahr schließlich deutlich mehr gespielt, woraufhin ich sogar einen Profivertrag erhalten habe.

Als es Anfang 2002 in der ersten Mannschaft zum Trainerwechsel von Ralf Rangnick zu Felix Magath kam, wurde ich von den Amateuren zu den Profis hochgezogen und war daraufhin schon bald fester Bestandteil des Teams. Ich hatte seit jeher einen großen Ehrgeiz und konnte im Training an meine körperlichen Grenzen gehen. Damit war ich bei einem Trainertyp wie Magath genau an der richtigen Adresse.

Auf einmal mit Stars wie Fredi Bobic und Krassimir Balakow auf dem Platz zu stehen, war großartig, aber man kann nicht die ganze Zeit staunend über den Platz laufen, sondern muss selbst Leistung bringen. Ich habe die neue Situation voll angenommen und bin da schnell reingewachsen, sodass es für mich schon bald normal war, vor 50.000 Zuschauern zu spielen. Ich erinnere mich noch, wie wir innerhalb von einer Woche erst gegen Bayern München, dann bei Manchester United und schließlich beim BVB gespielt haben. Viel mehr kann man als Profi in sieben Tagen kaum erleben.

Meine Karriere-Highligts

Hinter mir liegt eine erlebnisreiche Karriere mit einigen großen Erfolgen. Die Highlights waren die Meisterschaft in Zypern, die Vizemeister mit dem VfB und die großartigen Europapokal-Abende, wo ich mich mit überragenden Spielern wie Robinho, Paul Scholes oder Ruud van Nistelrooy messen konnte.

Meinen persönlich größten Moment hatte ich in der Champions League beim Spiel gegen Celtic Glasgow. Bei unserem 1:0-Sieg war ich Schütze des goldenen Tores, woraufhin nach dem Spiel sämtliche Kameras auf mich gerichtet waren und jeder Medienvertreter ein Interview von mir wollte. Daraufhin wusste ich, wie sich Cristiano Ronaldo oder Messi nach jedem Spiel fühlen müssen. Den einen Tag habe ich das genossen, aber immer hätte ich das nicht haben müssen.

Mein Karriere-Fazit

Ich denke, dass ich aus meinem Talent so ziemlich das Maximum herausgeholt habe. Die Zeit beim VfB war am schönsten, weil es »mein« Verein war. Aber auch Augsburg und der FCK blieben mir in bester Erinnerung. Meine Stationen im Ausland in Zypern und Griechenland, raus aus der Komfortzone Deutschland, waren super für die Persönlichkeitsentwicklung. Rückblickend würde ich fast alles wieder so machen, außer dass ich mir für die Sommerpausen einen Personaltrainer genommen und mehr auf meine Ernährung geachtet hätte. Aber auch ohne das habe ich noch bis 38 Jahre spielen können. Heute arbeite ich als Trainer und gebe meine Erfahrung an die nächste Generation weiter.

Werdegang von Timo Wenzel

Jahre Verein Ligaspiele (Tore)
2000–2003 VfB Stuttgart 65 (1)
2004-2006 1. FC Kaiserslautern 41 (10)
2006-2008 FC Augsburg 51 (1)
2008-2011 Omonia Nikosia 74 (0)
2011-2012 AO Kerkyra 23 (2)
2012-2015 SV Elversberg 90 (4)

Vereine: VfB Stuttgart, 1. FC Kaiserslautern, FC Augsburg
Kategorie: Spieler
Bildcredits: imago sportfoto
Autor: Lukas große Klönne

Die Traumelf weiterer Fußball-Legenden