Markus Schupp

Markus Schupp

Meister mit Kaiserslautern, Bayern München und Sturm Graz, Abstieg mit Frankfurt und Suspendierung durch Felix Magath beim HSV. Markus Schupp hat in seiner Laufbahn viel mitgemacht. Hier spricht er über die Meilensteine seiner Karriere und stellt seine Traumelf aus früheren Mitspielern vor. Dabei erinnert er sich an den Furcht einflößenden Gerry Ehrmann, Spaßvogel Mehmet Scholl und die Lebensversicherung Souleymann Sane. Außerdem berichtet er, wie Arsene Wenger ihn für den Trainerberuf inspiriert hat und von welchem Konzept er den FC Bayern nach seiner aktiven Laufbahn überzeugen konnte.

Die Traumelf von Markus Schupp

Aufstellung

Markus Schupp über …

Gerry Ehrmann // Torwart // 1. FC Kaiserslautern

Gerry war ein Muskelpaket mit Armen wie Arnold Schwarzenegger in seinen besten Tagen. Larifari gab es bei ihm nicht, er hat sich in jeder Einheit voll reingehauen. Einmal haben wir vor dem eigentlichen Training zum Warmmachen 5-gegen-2 gespielt. Dabei hat er Marco Haber mit seinen selbstgebauten 18er-Stollen das Schienbein von unten bis oben aufgeschlitzt!

Auch im Spiel war Gerry ein Berserker, der bei Ecken und Flanken ohne Rücksicht auf Verluste zum Ball ging. Die Gegenspieler hatten regelrecht Angst vor ihm. Wenn die Stürmer alleine auf ihn zugelaufen sind, haben sie lieber früh geschossen, um ihm bloß nicht zu Nahe zu kommen. Den Fehler hat Jürgen Klinsmann mal gemacht und wurde dann vom allerfeinsten abgeräumt. Mit seiner Spielweise würde Gerry heute in jedem dritten Spiel vom Platz fliegen! Dagegen war Olli Kahn harmlos. (lacht) Mit seiner Einstellung hatte Gerry einen großen Anteil an unserem Pokalsieg 1990 und dem sensationellen Gewinn der Meisterschaft 1991.

Andy Brehme // Linker Verteidiger // 1. FC Kaiserslautern

Andy Brehme ist einer der besten Fußballer, mit dem ich in meiner Karriere zusammengespielt habe. Vor allem seine Technik und seine Beidfüßigkeit waren unglaublich, mit links und rechts konnte er über 60 Meter millimetergenaue Pässe in den Fuß oder in den Lauf spielen. Beeindruckend war auch, wie abgebrüht er auf dem Platz war. Ihn hat nichts nervös gemacht.

Als Hans Werner Moser und ich aus der A-Jugend in Kaiserslautern zu den Profis kamen, hat Andy uns wie ein großer Bruder unter seine Fittiche genommen. Auch abseits des Spielfeldes haben wir viel Zeit miteinander verbracht und waren häufig unterwegs. Als Abendgesellschaft war Andy genauso Weltklasse wie auf dem grünen Rasen!

Miroslav Kadlec // Innenverteidiger // 1. FC Kaiserslautern

Aufgrund seiner ruhigen Art wurde Miro bisweilen unterschätzt, doch er war ein überragender Fußballer. Ihm war der Erfolg des Teams wichtiger als persönliche Meriten. Dank seiner Intuition, Antizipation und Handlungsschnelligkeit konnte er das Spiel und die Gegner lesen. Dadurch hatte er es nur selten nötig, ins Tackling zu gehen, sondern hat die Bälle mit seinem Stellungsspiel erobert. Von hinten hat er unser Spiel aufgebaut, indem er wohlüberlegte Vorstöße ins Mittelfeld unternommen und unsere Angriffe eingeleitet hat. In der Kabine hat er zwar nicht viel geredet, aber hatte dennoch regelmäßig gute Sprüche auf Lager.

Ranko Popovic // Innenverteidiger // Sturm Graz

Ranko war nicht nur ein klasse Fußballer, sondern auch ein super Typ. Er hatte die Gabe, die Mannschaft und das ganze Stadion mitzureißen und so für die nötige Stimmung zu sorgen. Nach Siegen ist er regelmäßig in die Fankurve gegangen und hat mit den Fans gesungen und getanzt. Er war einer meiner absoluten Lieblingsmitspieler. Obwohl er nach seiner aktiven Karriere unter anderem als Trainer in Japan gearbeitet hat, sind wir trotz der Entfernung in Kontakt geblieben.

Jorginho // Rechter Verteidiger // Bayern München

Jorginho war einer der anständigsten Typen, die mir in meiner Karriere begegnet sind. Er war sehr religiös, ohne irgendjemandem seinen Glauben aufzudrängen. Seine Persönlichkeit hat sich auf dem Platz widergespiegelt: Er spielte sehr mannschaftsdienlich und ist für andere mitgelaufen. Die Position des rechten Verteidigers war auf ihn zugeschnitten, dort kamen seine Laufstärke, sein Spielverständnis und sein Auge für den Raum voll zur Geltung. Und Flanken konnte er auch: In meinem allerersten Spiel für die Bayern hat er mir die Vorlage für mein Tor aufgelegt.

Jan Wouters // Defensives Mittelfeld // Bayern München

Mit seiner Zweikampfstärke und wuchtigen Spielweise war er eine richtige Kampfsau, vor dem die Gegner höchsten Respekt hatten. Wie Mark von Bommel war er ein “agressive Leader”, wobei Jan seine Stärken vor allem in der Defensive hatte. Privat war er – anders als auf dem Rasen – sehr umgänglich und lustig. Weil unsere Frauen sich angefreundet haben, hatten wir auch abseits des Platzes viel miteinander zu tun.

Lothar Matthäus // Zentrales Mittelfeld // Bayern München

Lothar war ein kompletter Fußballer, mit vielen Stärken und ohne eine einzige Schwäche! Als ich zu den Bayern kam, habe ich zu ihm hochgeschaut. Er war großartig, mit so einem Weltklassefußballer zusammenzuspielen. Beeindruckend war auch, wie er sich trotz vieler schwerer Verletzungen immer wieder zurückgekämpft hat.

Die Rolle als Kapitän hat Lothar vorbildlich ausgefüllt und sich in den sicherlich nicht einfachen Prämienverhandlungen mit Manager Uli Hoeneß sehr für seine Mitspieler eingesetzt. Und als er einmal einen privaten Sponsorentermin mit einem Handyhersteller hatte, hat er am nächsten Tag für die ganze Mannschaft Handys mitgebracht. Auch in meiner Traumelf sollte Lothar die Kapitänsbinde tragen.

Mehmet Scholl // Linkes Mittelfeld // Bayern München

Mehmet und ich kamen 1992 gleichzeitig zum FC Bayern. Er war ein Filou, der neben dem Fußball viel Blödsinn im Kopf hatte. Ein normales Gespräch mit ihm zu führen war fast unmöglich, unentwegt hat er Schabernack gemacht und für Stimmung gesorgt. Damit bildete er in der Kabine den Gegenpol zu Olli Kahn. “Scholli” hat alle zum Lachen gebracht, nur Olli hat keine Miene verzogen. (lacht)

Der eine oder andere Trainer wäre fast an ihm verzweifelt, aber Scholli hatte immer die volle Rückendeckung von Uli Hoeneß, der einen Narren an ihm gefressen hatte. So unbekümmert und unberechenbar Mehmet war, hat er auch Fußball gespielt. Seine Leichtfüßigkeit, Spielfreude und Dribblings haben die Zuschauer begeistert.

Hasan Salihamidzic // Rechtes Mittelfeld // Hamburger SV

“Brazzo” hatte nicht nur eine Pferdelunge, sondern gleich zwei davon! Er konnte laufen wie ein Wahnsinniger, ohne dabei eine Miene zu verziehen. In einem Moment hat er noch hinten ausgeholfen und war im nächsten Moment schon wieder vorne zu finden. Brazzo war kein überragender Fußballer, aber trotzdem unumstrittener Stammspieler. Für seine Gegenspieler war er wie eine Klette und nicht abzuschütteln. Jeder wusste schon vorher, dass es unmöglich ist, mehr zu laufen als er! Manche wussten sich gegen ihn nur mit Fouls zur Wehr zusetzen, doch Hassan hat sich davon nicht beeindrucken lassen und ist immer wieder aufgestanden und hat dem Angreifer obendrein noch Sprüche gedrückt!

Von so einem Spieler träumt jeder Trainer. Besonders beim damaligen HSV-Coach Magath kamen sein Ehrgeiz, seine Einsatzbereitschaft und Disziplin gut an. In der Mannschaft war Brazzo ebenfalls beliebt, zumal er in der Kabine mit seiner lustigen Art für viel Stimmung gesorgt hat.

Ivica Vastic // Stürmer // Sturm Graz

Ivica Vastic wechselte 1994 vom MSV Duisburg zu Sturm Graz. In der Bundesliga kam er nicht so gut zurecht, doch unter Trainer Ivica Osim ist er in Österreich voll aufgeblüht. Unser Coach konnte fantastisch mit uns Spielern umgehen und die beste Leistung aus uns herausholen.

Auf dem Platz war Ivica kaum vom Ball zu trennen, konnte das Spiel lesen und hatte eine starke Schusstechnik. Zu unserer gemeinsamen Zeit bei Sturm Graz hat im Schnitt in jedem zweiten Spiel getroffen und großen Anteil daran gehabt, dass der Verein 1998 zum ersten Mal in seiner Geschichte österreichischer Meister wurde. Im Jahr darauf haben wir sogar das Double gewonnen!

Souleymann Sane // Stürmer // Wattenscheid 09

Ich habe mit vielen Top-Stürmern wie Jean-Pierre Papin, Emil Kostadinov, Bruno Labbadia, Stefan Kuntz oder Roland Wohlfahrt zusammengespielt, aber der letzte Platz in meiner Traumelf geht an Souleymann Sané, dem Vater von Nationalspieler Leroy Sané. In der Saison 1991/92 war er unsere Lebensversicherung. Nach deutschen Wiedervereinigung wurde die Bundesliga für ein Jahr auf 20 Vereine aufgestockt und am Ende musste vier Mannschaften den Gang in die 2. Liga antreten, doch wir konnten uns auf Platz 16 retten. Mit seinem Tempo ist Souleymann fast jedem Abwehrspieler weggelaufen. Er war nicht nur ein toller Stürmer, sondern auch ein witziger und lebensfroher Typ.

Meine Ersatzbank

Oliver Kahn // Tor
Oliver Kreuzer // Abwehr
Olaf Thon // Abwehr
Hans-Werner Moser // Abwehr
Christian Ziege // Abwehr
Reiner Geye // Mittelfeld
Thorsten Fink // Mittelfeld
Markus Schopp // Mittelfeld
Rudolfo Esteban Cardoso // Mittelfeld
Bruno Labbadia // Sturm
Roland Wohlfahrt // Sturm

Karriere-Insights von Markus Schupp

Mein Trainer

Ich hatte viele beeindruckende Trainer, angefangen bei Heinz Späth bei meinem Heimatverein und Ernst Diehl bei der U19 von Kaiserslautern in der Jugend über Hannes Bongartz, Kalli Feldkamp, Franz Beckenbauer, Giovanni Trappatoni und Ivica Osim bei den Profis. Sie alle waren nicht nur kompetente Trainer, sondern auch große Persönlichkeiten, die jeweils auf ihre Art mit Menschen und einer Mannschaft umzugehen wussten.

Es gar nur einen Trainer, mit dem ich überhaupt nicht klargekommen bin: Felix Magath beim HSV. Für uns fühlte es sich an, als wären wir unter der Führung eines Diktators. Fast alle Spieler hatten Angst vor ihm, das war kaum auszuhalten. Außer uns bei Fehlern richtig rundzumachen, hat er so gut wie nicht mit der Mannschaft kommuniziert. Ein Beispiel: Morgens kam er auf den Trainingsplatz und ist einfach losgelaufen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Wir Spieler sind also alle hinter ihm her. Als wir nach einem 90-minütigen Waldlauf wieder zurück auf dem Trainingsgelände waren, sagte er nur »Nächstes Training um halb vier« und verschwand wieder in der Kabine. Sein Training war unmenschlich hart, mit Medizinbällen noch und nöcher. Anfangs waren wir fit ohne Ende, konnten die Gegner in Grund und Boden laufen. Doch weil wir immer am Limit trainiert und keine Möglichkeit zur Regeneration bekommen haben, sind wir im Laufe der Saison körperlich voll eingebrochen.

Als erfahrener Spieler habe ich ihn öffentlich kritisiert. Das war falsch von mir und ich hätte es anders angehen sollen, denn natürlich hat sich der Verein hinter den Trainer gestellt. Daraufhin wurde ich vom Training ausgeschlossen und bin in der Winterpause zum FC Basel verliehen worden. Dass Magath kurz darauf beim HSV entlassen wurde, hat mir dann nichts mehr genutzt. (lacht)

Meine Vereinswechsel

Beim 1. FC Kaiserslautern Profi zu werden und Titel zu gewinnen, war großartig. Ich war ein wichtiger Teil der Mannschaft, gehörte jedoch nicht zu den unangefochtenen Führungsspielern. Um den nächsten Schritt zu machen, bin ich daher 1991 zu Wattenscheid 09 gegangen. Hannes Bongarzt, mein Ex-Trainer beim FCK, hat mich dorthin gelotst und mir seine volle Unterstützung zugesichert. Mein Plan, mich dort über gute Leistungen für größere Vereine zu empfehlen, ist voll aufgegangen: Die halbe Liga wollte mich zur neuen Saison verpflichten.

Mit Schalke war ich mir schon so gut wie einig, als mir Uli Hoeneß kurz vor der Unterschrift das Angebot gemacht hat, zum FC Bayern München zu wechseln. Obwohl das Angebot der Bayern stark leistungsbezogen war, musste ich nicht lange überlegen: Die Aussicht, dort jeden Tag mit Weltklassefußballern auf dem Platz stehen und Titel gewinnen zu können, war zu verlockend. Sportlich lief es für mich bei den Bayern super, wir sind einmal Meister geworden und ich war ein fester Bestandteil der Mannschaft.

Als im dritten Jahr jedoch klar war, dass Otto Rehhagel neuer Trainer wird und fürs Mittelfeld Andy Herzog, Chiriaco Sforza und Thomas Strunz geholt werden, habe ich mich 1995 für den Wechsel zu Eintracht Frankfurt entschieden, obwohl die Bayern mir eine Vertragsverlängerung angeboten haben. Im Nachhinein hätte ich mich dem Konkurrenzkampf stellen sollen, schließlich hatte ich mich die drei Jahre zuvor auch durchgesetzt. Stattdessen zur Eintracht zu wechseln, war der größte Fehler meiner Karriere. In Frankfurt sind wir trotz Spielern wie Andy Köpke, Manni Binz, Jay Jay Okocha, Ralf Weber und Jonny Eckström völlig unnötigerweise abgestiegen. Es war ein Chaos-Jahr, in dem wir es als Mannschaft nicht geschafft haben, eine Einheit zu werden.

Nach dem Abstieg wollte ich in der 1. Bundesliga bleiben und bin zum Hamburger SV gegangen, wo ich allerdings so heftig mit Felix Magath aneinandergeraten bin, dass ich suspendiert wurde und in der Winterpause zum FC Basel verliehen wurde. Im Sommer habe ich mich neu orientiert und bin zu Sturm Graz gegangen. Hier habe ich sowohl sportlich als auch persönlich eine neue Heimat gefunden. In einer tollen Mannschaft bin ich hier österreichischer Meister und Pokalsieger geworden und lebe mit meiner Familie seit mittlerweile über 20 Jahren in dieser Stadt.

Meine Karriere nach der Karriere

Nach meiner aktiven Karriere habe ich bei Sturm Graz die Jugendakademie geleitet und war zudem Trainer der U19. In dieser Zeit habe ich für eine Woche bei Arsene Wenger hospitiert. Das war in der Saison 2003/04, als Arsenal London unter seiner Führung ungeschlagen englischer Meister wurde. Die Ansprache, das strukturierte Training, das Niveau der Spieler, die ganze Organisation – es war in allen Bereichen so inspirierend und hat mich darin bekräftigt, die Trainerlaufbahn einzuschlagen. Nachdem ich jedoch insgesamt rund zehn Jahre als Trainer und Funktionär gearbeitet habe, hat die Arbeit für ich etwas an Reiz verloren, weil der Job eine große Opferbereitschaft verlangt und den Trainern leider nur selten die Zeit eingeräumt wird, etwas aufzubauen.

Darum habe ich mir weitere berufliche Standbeine aufgebaut. Zum einen arbeite ich als Repräsentant für die Firma Jokerarea, die Infrarotheizmodule unter anderem für Fußballstadien herstellt. Zum anderen biete ich zu jedem Heimspiel in der Allianz Arena einen “Erlebnistag beim FC Bayern München” an. Dieser umfasst neben dem Besuch des Spiels auch eine Führung durch alle VIP-Bereiche und die Bayern-Erlebniswelt sowie den Besuch der Adidas/Audi-Lounge und ein Meet&Greet mit Bayern-Legenden oder anderen spannenden Persönlichkeiten. Mittlerweile mache ich das seit 2018 und habe viel Freude daran.

Werdegang von Markus Schupp

Jahre Verein Ligaspiele (Tore)
1984–1991 1. FC Kaiserslautern 177 (16)
1991-1992 Wattenscheid 09 37 (8)
1992-1995 FC Bayern München 91 (12)
1995–1996 Eintracht Frankfurt 30 (4)
1996 Hamburger SV 16 (0)
1997 FC Basel 6 (1)
1997-2001 Sturm Graz 128 (5)

Vereine: 1. FC Kaiserslautern, Bayern München, Wattenscheid 09, Eintracht Frankfurt, Hamburger SV
Kategorie: Spieler
Bildcredits: imago sportfoto
Autor: Lukas große Klönne

Die Traumelf weiterer Fußball-Legenden