Dirk Weetendorfs Karriere währte nur kurz, aber in seinen sechs Jahren als Profi gelang es ihm, bei gleich zwei Vereinen zum Kultspieler zu werden. Hier stellt “Weete” seine Traumelf aus früheren Mitspielern beim HSV, bei Werder Bremen und Eintracht Braunschweig vor. Außerdem spricht er über seinen Spitznamen “Horst-Uwe”, das Training unter Felix Magath und Skatrunden mit Frank Rost, Marco Bode und Bernhard Trares.
Die Traumelf von Dirk Weetendorf
Dirk Weetendorf über…
Frank Rost // Torwart // Werder Bremen
Frank war ein kompletter Torwart, ein großer Rückhalt fürs Team. Seine herausragenden Eigenschaften waren sein Ehrgeiz und sein Siegeswille. Ob im Training oder im Spiel, er wollte immer gewinnen, ohne Rücksicht auf Verluste.
Sicher war es nicht immer ganz einfach, aber menschlich war “Fäustel” ein korrekter Typ. Bei ihm wusste man immer, woran man war. Wenn ihm etwas nicht passte, dann hat er das einen wissen lassen. Wir wussten schon, wie man ihn auf 180 bringen konnte, aber er hat sich dann auch schnell wieder beruhigt (lacht).
In Bremen war Frank bei Auswärtsfahrten oder im Trainingslager Teil der Skatrunde von Marco Bode, Bernhard Trares und mir. Wenn einer von uns ausgefallen ist, ist Co-Trainer Kalli Kamp eingesprungen. Damals gab es noch keine Playstation, da wurde noch ehrlich Skat gespielt (lacht).
Thomas Gravesen // Innenverteidiger // Hamburger SV
Thomas kam 1997 von Vejle BK zum HSV. Allen war sofort klar, was für ein großes Talent er war. Es hat alle Fähigkeiten mitgebracht, die man für eine große Karriere im Profi-Fußball braucht. Vor allem war er beinhart, konnte aber auch einen guten Ball spielen.
In Norderstedt waren wir Nachbarn und haben daher oft zusammen gefrühstückt und sind danach gemeinsam zum Training gefahren. Seinen Spitznamen »Humörbombe« hat er sich redlich verdient. Er war ein lustiger und verrückter Kerl, immer für eine Überraschung gut. Mal hat er einfach unseren Trainer Frank Pagelsdorf geduzt, mal sich einen Billardtisch mit einer riesigen HSV-Raute auf dem Filz gekauft. Nur als er sich ein Motorrad gekauft hat, habe ich Angst um ihn bekommen. Mein erster Gedanke war: »Wenn er so fährt, wie er Fußball spiel, na dann Prost Mahlzeit.«
Viktor Skripnik // Linker Verteidiger // Werder Bremen
Viktor und ich saßen in Bremen in der Kabine nebeneinander, dadurch ist der Kontakt automatisch etwas enger, trotz anfänglicher Sprachbarrieren. Viktor ist ausgesprochen nett und bodenständig, hat sich auch im Erfolg nicht verändert. Mit seiner Art passte er perfekt nach Bremen.
Auf dem Platz war er hochdiszipliniert und hatte für einen Abwehrspieler eine sehr gute Technik, sodass er selbst schwierige Situationen spielerisch lösen konnte. Überhaupt hat er auch in hektischen Phasen die Nerven bewahrt. Seine Ruhe hat sich auf die Mitspieler übertragen. Nur nach vorn ging bei ihm nicht sonderlich viel. Er war eher der klassische Defensivspezialist und blieb daher lieber in der eigenen Hälfte.
Thomas Vogel // Innenverteidiger // Hamburger SV
Thomas kam vom SC Freiburg zum HSV und ist während unserer gemeinsamen Zeit in Hamburg ein Freund von mir geworden. Wir hatten auf Anhieb einen guten Draht zueinander und haben viel gemeinsam unternommen. Menschlich war er top – und hat auch so Fußball gespielt. Für einen Verteidiger war er außergewöhnlich fair, ohne Trash Talk oder schmutzige Tricks. Stattdessen hat er versucht, die Zweikämpfe hart aber fair zu gewinnen. In Kopfballduellen ist ihm das allein schon wegen seiner Größe leicht gelungen.
Das Gegenteil von Thomas war Frédéric Mendy bei unserem UI-Cup-Spiel gegen den SC Bastia 1997. Er war der unangenehmste Gegenspieler meiner Karriere. Der Typ hat mich 90 Minuten lang bearbeitet, mir mehrfach mit den Stollen auf den Fuß getreten oder mir in den Rücken geschlagen, wenn der Schiri nicht geschaut hat. Bei jedem Ballkontakt musste ich damit rechnen, von ihm von den Beinen geholt zu werden. Doch auch mit solchen Typen muss man klarkommen. Ich war zwar selbst eher einer von der fairen Sorte, aber ich wusste mich bei solchen Gegnern schon zu wehren.
Frank Edmond // Rechter Innenverteidiger // Eintracht Braunschweig
“Eddi” war einer der wenigen Verteidiger, der den Ball mit beiden Füßen spielen konnte. Er hatte ein super Stellungsspiel, ein gutes Auge und konnte bei Standardsituationen mit seiner Kopfballstärke gefährlich werden. Mit seiner Siegermentalität hat er auf dem Platz alles gegeben, um erfolgreich zu sein. Zusammen haben wir viele Schlachten geschlagen.
Allein Franks sportliche Qualitäten würden für einen Platz in meiner Traumelf reichen, aufgrund unserer tiefen Freundschaft ist er erst recht gesetzt. Als ich zur Eintracht gekommen bin, kannten wir uns nicht, doch vom ersten Tag an haben wir uns so gut verstanden, dass wir in unserer Braunschweiger Anfangszeit zusammen eine WG aufgemacht haben. Ich könnte einen ganzen Abend lang Geschichten erzählen, was wir alles zusammen erlebt haben. Wir haben das eine oder andere Mal ordentlich die Korken knallen lassen, wussten aber auch, wann wir uns so etwas erlauben konnten und wann wir besser zu Hause geblieben sind.
Kosta Rodrigues // Linkes Mittelfeld // Eintracht Braunschweig
Mit Kosta habe ich unglaublich gerne zusammen gespielt. Seine Stärken waren sein vorzügliches Spielverständnis, seine Schnelligkeit und sein richtig guter Schuss. Er war ein riesiges Talent, hat sich darauf aber nicht ausgeruht, sondern wollte noch besser werden. Wenn ältere Spieler wie Eddi oder ich ihm was gesagt haben, hat er das angenommen. Auch dadurch wurde Kosta schon mit Anfang 20 ein Führungsspieler, ohne ein Schnacker zu sein.
Andy Herzog // Zentrales Mittelfeld // Werder Bremen
In meiner Traumelf wäre Andy der Kapitän. Er hat auf dem Platz Verantwortung übernommen. Er wollte immer den Ball haben, um das Offensivspiel anzukurbeln und selbst Tore zu schießen. Der Rückwärtsgang zählte nicht zu seinen Stärken, das wussten alle, aber nach vorn war er eine Granate. Mit seinem genialen linken Fuß hat er immer wieder den Abschluss gesucht und Tore gemacht. Seine Spezialität waren die ruhenden Bälle.
Vom Naturell war Andy eigentlich einer Frohnatur, aber er konnte auch mal grantig werden. Wenn er mit seinem Wiener Schmäh geflucht hat, haben wir aber zum Glück nur die Hälfte verstanden (lacht).
Harald Spörl // Rechtes Mittelfeld // Hamburger SV
Beim Skat war »Lumpi« nur mäßig talentiert, aber in meiner Traumelf ist er schon allein aufgrund seiner über 300 Bundesligaspiele unumstritten. Auf dem Rasen war er mit vollem Engagement dabei, das zeigt schon die Zahl seiner vielen gelben Karten fürs Foulen, Meckern und Pöbeln.
Harald war ein starker Freistoß- und Eckenschütze und auch sehr laufstark. Auf dem Platz ist er seine rechte Seite rauf und runter marschiert. Trotz seiner Kondition hat es ihn aber mal bei einem Waldlauf am Ende eines Trainingslagers unter Magath total zerrissen. Irgendwann ging Lumpi die Puste aus, sodass er erst den Anschluss an die Gruppe verloren hat und letztlich vom Förster zurück ins Hotel gebracht wurde. Das hat alle amüsiert, selbst Felix konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
Marco Bode // Linker Angreifer // Werder Bremen
Marco war Mr. Zuverlässig: Fast nie verletzt, läuferisch stark, mit einem richtigen guten Schuss und einem ebenso guten Kopfball. Mit seinen konstant guten Leistungen und vielen Toren hat er es gar nicht erst zugelassen, dass ich bei Bremen in die Stammelf gekommen bin. Wir waren damals nicht groß befreundet, aber ich habe in der Zeit viel von ihm lernen können. Für mich ist Marco eine Ikone des Vereins.
Claudia Pizarro // Rechter Angreifer // Werder Bremen
Es ist fantastisch, Leute wie Claudio, Ailton und Marco Bode in der Mannschaft zu haben, aber schlecht, wenn die auf deiner Position spielen. (lacht) Claudio kam mit 19 Jahren aus Peru nach Bremen und hatte keinerlei Anlaufschwierigkeiten, sondern hat seine herausragenden Fähigkeiten sofort unter Beweis gestellt. Er war ein genialer Stürmer, mit einer hohen Grundschnelligkeit und einer perfekten Technik. Kein Wunder, dass er bis heute eine Legende in Bremen ist und auch bei den Bayern seine Fußspuren hinterlassen hat. Seine Integration in Bremen ging sehr schnell. Im Gegensatz zu Ailton hat er den Deutschunterricht sehr ernst genommen und die Sprache dadurch schnell gelernt.
Dirk Weetendorf // Mittelstürmer
In meiner Traumelf möchte ich selbst mitspielen, daher stelle ich mich als Mittelstürmer auf. Das war meine Idealposition, wo ich mich mit meiner Lauf-, Kampf- und Kopfballstärke voll reinhauen konnte. Ich war nicht der Typ, der vorn gewartet hat, bis ihm die Bälle serviert werden, sondern habe auch viel nach hinten gearbeitet. Das Publikum hat meine Spielweise honoriert, auch wenn einige Fans in Braunschweig sich sogar über meine Defensivarbeit beschwert haben, weil ich dann im Sturmzentrum gefehlt habe. Meine Torquote stimmte trotzdem.
Karrere-Insights von Dirk Weetendorf
Mein Spitzname »Horst-Uwe«
Nach meinem Doppelpack beim 2:1-Heimsieg gegen Dortmund am 33. Spieltag der Saison 1996/97 haben die Medien und Fans mich an Anlehnung an Uwe Seeler und Horst Hrubesch “Horst-Uwe” getauft. Da war viel Euphorie dabei, weil wir dank des Heimsieges den Abstieg in die 2. Liga vermieden haben. Ich habe den Spitznamen aber nicht gemocht, denn ich empfand den Vergleich als unpassend. Ich hatte mit 24 Jahren gerade mal ein paar Bundesligaspiele gemacht, während die beiden internationale Top-Stars waren. Ich habe beide kennenlernen dürfen. Sie sind große Persönlichkeiten und völlig zurecht Vereinslegenden des HSV.
Das Training unter Felix Magath
Ich hatte zweimal das „Vergnügen“, unter Felix Magath zu trainieren. Er war ein guter und später auch erfolgreicher Trainer, aber er hatte schon spezielle Methoden. Im Training hat er uns viel abverlangt, großen Wert auf Disziplin und harte Arbeit gelegt. Sein Spitzname »Quälix« kommt nicht von ungefähr.
Außergewöhnlich war bei ihm auch, dass sich kaum einer seines Stammplatzes sicher sein konnte. Spieler saßen die eine Woche auf der Bank, die nächste auf der Tribüne und rutschten dann plötzlich wieder in die Startelf. Das Paradebeispiel war Juri Maximov in Bremen. Bei seiner Aufstellungen hat Felix stark die Trainingsleistungen berücksichtigt. Wer nicht gut trainiert hat, war schnell raus. Das klingt einerseits fair, anderseits hat den Spielern dadurch aber das Vertrauen des Trainers gefehlt.
Einen Trainer kann man nicht ändern, daher muss man als Spieler mit dem jeweiligen Coach umgehen können. Ich persönlich hatte einen recht guten Draht zu Felix und wusste, woran ich bei ihm bin. Meine Spielweise und meine Einstellung haben dabei sicher geholfen, denn meine Laufstärke und mein Kampfgeist waren die Grundlage dessen, was er von einem Profi verlangt hat.
Mein Weg zum Profi
Meine Karriere ging spät los und ging aufgrund meiner Knieprobleme früh zu Ende. Auf der Insel Fehmarn, wo ich geboren und aufgewachsen bin, kommen nicht so viele Scouts vorbei, sodass sich meine Qualitäten erst spät herumgesprochen haben. Nach meinem Wechsel mit Anfang 20 in die Landesliga nach Oldenburg habe ich mit meiner Torquote weitere Vereine auf mich aufmerksam gemacht, sodass ich nach einer Zwischenstation beim TSV Pansdorf in der Oberliga Schleswig-Holstein auf Initiative von Felix Magath mit 23 Jahren schließlich bei den HSV-Amateuren gelandet bin. Nach einem halben Jahr habe ich dann regelmäßig bei den Profis mittrainiert.
Mein Doppelpack gegen Dortmund war der Startschuss für meine Profi-Karriere, aber als der Verein für viel Geld Tony Yeboah und Jacek Dembinski für meine Position geholt hat, wurden meine Spielanteile unter dem neuen Trainer Frank Pagelsdorf geringer, obwohl die beiden vorne auch keine Bäume ausgerissen haben. Bernd Schuster wollte mich gerne zum 1. FC Köln in die 2. Liga holen, aber die Vereine haben sich nicht auf die Ablösesumme einigen können. Daraufhin bin ich zu Werder gegangen, auch weil Magath dort in der Zwischenzeit neuer Cheftrainer wurde.
Das Jahr in Bremen war eine sehr schöne Zeit, auch wenn es sportlich für mich nicht so lief, wie ich mir das vorgestellt hatte. Erst wurde mein Förderer Magath nur kurz nach meinem Wechsel beurlaubt, dann kam ein gewisser Claudio Pizarro nach Bremen und drittens begann Ailton unter dem neuen Trainer Thomas Schaaf zu zünden. Ich konnte es realistisch einschätzen, dass Pizza, Ailton und Bode einfach besser waren als ich. Und weil die drei außerdem so gut wie nie verletzt waren, habe ich in dem Jahr nur sieben Einsätze gehabt. Ich mache Thomas Schaaf daher keinen Vorwurf, dass ich nicht mehr zum Zug gekommen bin. Ich war kein Stinkstiefel, habe mich in die Mannschaft eingebracht und im Training alles gegeben. Schaaf und Manager Klaus Allofs waren zufrieden mit mir.
Auf Dauer wollte ich mich nicht mit einem Platz auf der Bank zufriedengeben und habe daher einen Wechsel angestrebt. Ich hatte eine Menge Angebote, unter anderem aus Österreich, aus Griechenland und von einigen Zweitligisten. Letztlich hat Eintracht-Trainer Reinhold Fanz mich von einem Wechsel nach Braunschweig in die 3. Liga überzeugt, wo er etwas aufbauen wollte. Zunächst hatte ich etwas Gegenwind, weil im Umfeld Stimmen laut wurden, was der Verein denn mit einem abgetakelten und mäßig erfolgreichen Erstliga-Stürmer wie mir wolle. Das hat sich aber schnell gelegt. Ich wurde vom ersten Spiel an in Braunschweig akzeptiert, weil ich nicht nur regelmäßig getroffen habe, sondern die Mannschaft und die Fans gemerkt haben, dass ich mich für den Erfolg des Teams voll reingehauen habe. Die vier Jahre in Braunschweig zählen zu der schönsten Zeit in meinem Leben – und der Aufstieg in die 2. Liga war ein schöner Abschluss meiner aktiven Karriere.
Werdegang von Dirk Weetendorf
Jahre | Verein | Spiele (Tore) |
---|---|---|
1996-1998 | Hamburger SV | 25 (3) |
1999 | Werder Bremen | 7 (0) |
1999-2003 | Eintracht Braunschweig | 81 (45) |